Gesellschaft

Donnerstag, 12. Januar 2012

Warum die Affäre Wulff so wichtig für Deutschland ist.



Deutschland-Trilogie Teil I

Jetzt bin ich sicher: Die Affäre Wulff ist gut für Deutschland. Denn sie ist in ihrem Kern vor allem eines: desillusionierend. Anti-Fassade. Die spiralförmig hochkochende Medienkritik an der Person des Bundespräsidenten hat eine restaurative Sehnsucht geweckt. Die kritische Masse „Anti-Deutschland“ wurde also sogar bei den "Deutschen nach den Deutschen" überschritten.

Einfacher gesagt: Das Bundespräsidentenamt taugte nur scheinbar gut als Spitze der deutschen Wertepyramide. Angesichts der sichtbar gemachten Entwertung des Amtes durch Wulff wird schlagartig deutlich, das es darunter überhaupt keine Wertebasis mehr gibt! Völlige Leere. Und die Spitze nach dem Wulff-Gau ersatzlos weggebrochen.

Klar: Auslöser hätte auch jedes andere staatstragende Ereignis sein können. Da hat Christian Wulff einfach nur Pech gehabt. Der hochgeschwappte niedersächsische Klüngel war schlicht der schmuddelige Tropfen zuviel auf der emotionalen Landkarte der Deutschen. The final Countdown.

Zunächst einmal: Werte haben sich immer schon zyklisch von der Basis entfernt, an der sie entstanden sind. Dass hat etwas mit einem natürlichem Hang zum Konservieren und Restaurieren zu tun. Mit der Angst vor Vergänglichkeit. Vor dem Tod.

Allerdings: Der Deutsche versteht sich längst nicht mehr als aktiver Teil einer Wertegemeinschaft. Da wir aber neben „Deutschland sucht den Superstar“ und der „RTL-Supernanni“ noch nicht völlig auf Werte verzichten wollten, haben wir unsere Werte Stück für Stück entdemokratisiert, zur Hochkultur erklärt – also von oben herab zur Verwaltung freigegeben. Das ist bequem und beruhigend.

Zum Spielball erklärt, fielen diese Werte dann weich irgendwo zwischen David Precht und Helmut Schmidt – also zwischen Supermarktfeuilleton und der Gnade des Vergessens. In einem perfekten Deutschland. In einer potemkinschen Kulisse irgendwo zwischen der Silvesterfeier vor dem Brandenburger Tor und einem sich als öde Litanei durch Lanzsche Talkshows fortpflanzenden urban-berlinerndem Multikulti-Tourismus.



Die Deutschen nach den Deutschen als Weltbürger mit Deutschem Bundespräsidenten. Und das Modell funktionierte zunächst recht gut. Die Unwucht ging allein von Wulff aus. Trotzdem wäre es ungerecht, ihm heute vorzuhalten, er sei als Bundespräsident nicht in Erscheinung getreten. Das stimmt zwar. War aber fester Bestandteil der Inszenierung.

Gäbe es eine Betriebsanleitung für den Job des Bundespräsidenten, stände da spätestens seit 1985, seit Weizäckers Rede zum 8. Mai: Es ist alles gesagt. Die Figur ist komplett ausgezeichnet. Der Set steht, der Plot ist geschrieben, die Rollen sind verteilt. Mehr geht nicht, alle Lücken gefüllt, Buße getan. Ab jetzt wird ein Lebensgefühl Deutschland nur noch ausgesessen, ausgehalten,ausgeschwitzt. Status Quo.

Folgerichtig scheiterten auch Figuren wie Friedrich Merz kläglich, der mit seiner fad ausformulierten Leitkulturdebatte in ein Wohlgefühl hinein stolperte, wie Michel aus Lönneberga in seinen Holzfigurenschnitzer-Büßerschuppen. Weg mit dem. Und weg ging er.

In der deutschen Wertemonarchie mit ihrem nach 1985 zur Ikone erstarrten Wertekönig Weizäcker zuckte keine einzige nationale Wimper mehr. Selbst 1992, als mit der Verfassungsänderung Artikel 23 die Abwicklung der deutschen Nationalstaatlichkeit beschlossen wurde, kam es gerade mal zu einem unbeherrschten nervösen Lidzucken im rechten CSU-Augenwinkel. Und selbst das wurde peinlich berührt weggewischt und zu Tode ignoriert.

Aber, und da kommt die Wulffsche Tragödie ins Spiel: Wer Werte so hoch aufhängt, dem reichen auch welche aus Pappmaschee. Als Illusionsmaschine. Die Außenwirkung.

IKEA: Möbel, die wie Möbel aussehen, und doch nur eine Verfallzeit von Schaufensterdekorationen haben. IKEA-Wulff eignete sich dann folgerichtig auch als der perfekt dekorative Werteverwalter, das Amt des Bundespräsidenten auszufüllen.

Wer heute behauptet, der Mann wäre auf seinem Platz nicht feinjustiert gewesen, irrt. Seine Rede zum Papstbesuch lobte sogar der Vatikansprecher als "klar und ehrlich.“ Und der STERN bedauerte kurz nach der Hickhack-Wahl mit Gauck als Verlierer, dass ein Mensch wie Wulff, der so gut für das Amt geschaffen sei, so wackelig hineingekommen sei.



Die Piratin Julia Schramm schrieb in ihrer Hauptseminararbeit „Zu den Grundlagen der bundesrepublikanischen Deutschen Nation“: „Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ging auch die deutsche Nation zu Grunde, erst mit der Gründung der Bundesrepublik bzw. DDR wurde die (geteilte) deutsche Nation wieder hergestellt so zumindest die populäre Annahme, da man gewöhnlich davon ausgeht, dass eine Nation staatliche Grenzen benötigt. Doch ist das Konzept einer Nation nicht viel mehr und vor allem abstrakter und komplexer, als es eine durch Staatsgrenzen umschlossene Bevölkerung wäre?“

Und wie recht sie da mit ihrer Fragestellung hat, beweist die Universalität ihrer Einsetzbarkeit: „Ist der Werte-Pool für eine Nation nicht viel mehr und vor allem abstrakter und komplexer, als ihn ein Pappmaschee-Bundespräsident alleine jemals absichern könnte?“

Aber zurück zur Eingangsfrage, warum die Affäre Wulff so wichtig für Deutschland ist.

Die Antwort ist so einfach, wie die Debatte darum viel zu lang und ausufernd: Surrogate taugen nicht zur Vollwertigkeit. Sie ähneln vom Aussehen und Geschmack einem hochwertigen Produkt, sind aber in der Herstellung lediglich deutlich billiger. Oder Metaphern befreit: Wenn wir unsere Wertegewinnung nach oben wegdelegieren und diesen Prozess damit entdemokratisieren, brauchen wir uns nicht wundern, wenn wir am Ende ganz drauf verzichten müssen.

Dienstag, 10. Januar 2012

Elektrosmog, eine Wii und die Heidberg-Trimm-Dich-Fit-Kackirunde

(SUBWAY Kolumne Februar 2012)

https://www.subway.de/aktuell/lebensraum/kolumnen/artikel/die-heidberg-trimm-dich-fit-kackirunde-13979.html



Seltsam, die ersten Eindrücke des neuen Jahres wirken stärker. Fast so, als hätte der Jahreswechsel tatsächlich die Speicherplatte nachhaltig formatiert. Sinneseindrücke, als liefe ein verlängertes Weihnachtsfest. Unterschwellig von der irrigen Frage begleitet: „Kommt jetzt noch was? Kommt noch was? Oder war’s das schon?“

Aber vielleicht liegen diese
Jahreswechselbeschwerden ganz profan an dieser neumodischen E-Zigarette. Ja, ich gehöre jetzt auch zu den Elektrosmog-Rauchermännchen. Und ja doch, es sieht auch bei mir nicht weniger albern aus als bei anderen. Bei jedem Zug den Finger am Abzug und dann dieses infantile Erstaunen in Endlosschleife, das da ohne Feuer Rauch entsteht. Adieu du gute alte WEST im Big Pack. Adieu Du liebgewonnene Raucher-Coolness, die für sich genommen doch längst so deplatziert war, wie Cowboystiefel im 21. Jahrhundert.

Aber bleiben wir ehrlich: So eine E-Zigarette hat nichts Innovatives. Sie ist piefigster Mainstream. Inklusive der dazugehörigen diffusen Gefahrdiskussionen und der nicht wegzuleugnenden Oberkopfschmerzen. Entzug oder Nikotionüberdosierung? Maßvoll bleiben bleibt also auf jeden Fall schwierig.

Maßlos sind nur Babys. Auch ich sauge an der Elektrischen wie an der Mutterbrust. Angeblich sollen Raucher zu einem erhöhten Anteil Flaschenkinder sein, die so ihr Defizit Mutterbrust nachholen. Ich bin seit der Pubertät eher arschfixiert. Inwiefern das nun wieder mein Sucht – und Rauchverhalten beeinflusst hätte
– keine Ahnung.



Anyway - Rauchen auf der Wii sieht eh bescheuert aus. Und der neumodische kleine schwarze Kasten ist bei uns die nächste folgenschwere Neuerung 2012 und steht seit Weihnachten unter dem neuen 127er Prisma-TV.

Wahnsinn: Beim Auspacken der Wii fielen mir vier dicke Bedienungsanleitungen entgegen. Aufgeben? Nein, die erwartungsfrohen Blicke der Kinder erzwingen das Weitermachen. Was für eine Zumutung.

Irgendwas an der Plastikkiste soll interaktiv sein und sich in irgendetwas einwählen? Ist das nun ein Computer? Kann der selbstständig Internet? Werde ich heimlich gefilmt, wenn ich mich aufs wacklige Balance-Board stelle und taucht das irgendwann auch noch ungefragt im Netz auf? Den Kindern sind so wichtige Vorüberlegungen schnurz. Und glücklicherweise finde ich dann auch noch eine Schnellaufbauanleitung.

Morgen fahre ich aber auf jeden Fall noch zum IKEA und kaufe ein blickdichtes Rollo dazu. Denn wenn ich abends mit dem Hund Kackirunde mache, zappeln sie schon in jedem zweiten Wohnzimmer: Bewegte Familien die bei offener Gardine springen, hüpfen und dicke Hüften kreisen lassen.
Will man freiwillig so bescheuert aussehen?

Ich finde das fast noch verstörender, als an der roten Ampel gegenüber vom Großkino C1 den strampelnden Hausfrauen im vollverglasten Sportstudio auf den Trimmfahrrädern zuzuschauen.

Das Restpositive: Nintendo hat die Familien wieder im Wohnzimmer zusammengeführt. Wir haben jetzt eine eigene „Wii fit“. Wir sind Teil der Renaissance des „Trimm Dich fit“ der 1970er. Damals die Geburt des „Gefällt-mir-Daumens“, der viel später Facebook berühmt machte.



Im Braunschweiger Stadtteil Heidberg an der Kieskuhle gab es 1975 auch so einen Trimm-Pfad. Man startete Bushalteschleife Linie 2 und es endete irgendwo im Mascheroder Holz. Als erstes gingen die Hinweisschilder zu Bruch, dann die hölzernen Geräte. Damals brauchte es für Vandalismus nicht einmal Migranten. Der gute Heidberger Junge ließ sich die Butter nicht vom Brot nehmen.

Heute hat sich dort ein landschaftlich anspruchsvoller Hundekacki-Parcour etabliert, dessen Hinterlassenschaften in schneereichen Wintern einfach wieder plattgerodelt werden. Und beim Wii-Abfahrtslauf sieht man auch aus, als gings darum ein dringendes Geschäft zu erledigen. Gut – Schnee fällt dazu noch keiner. Aber das kommt vielleicht auch noch. Wiidersehen.

Donnerstag, 5. Januar 2012

DER IRGENDWIE ANDERE BUNDESPRÄSIDENT



Nein, der Oetinger Verlag hat Christian Wulff als kleines Dankeschön keinen zinslosen 500.000 Euro Kredit angeboten. Ob Wulff das noch trauriger gemacht hat, als er es ohnehin schon war, bleibt unklar. Jedenfalls kann man das auf keiner Mailbox erfahren, das steht auch nicht in der BILD-Zeitung und auch im TV-Wiedergutmachungs-Interview zur besten Sendezeit fand das Kinderbuch „Irgendwie anders“ nicht statt.

In seiner Weihnachtsbotschaft hatte Wulff das Blaumännchenbuch beworben, während die Kamera über die bundespräsidiale Weihnachtsgesellschaft hinwegglitt, die dann auch folgerichtig irgendwie anders aussah.

Aber wozu braucht Wulff überhaupt noch 500.000 Euro? Bis zum Lebensende sind ihm jetzt schon 300.000 Euro jährlich sicher. Ob er Präsident bleibt oder nicht. Das allein wäre schon ein gewichtiges Argument, ihn im Amt zu belassen. Sein möglicher Nachfolger würde ja auch bezahlt werden müssen. Wie viele Präsidenten a.D. leben aktuell auf vergoldetem Altenteil?

Walter Scheel: lebendig. Richard von Weizäcker: lebendig. Roman Herzog: lebendig. Horst Köhler: lebendig. Das sind 1,2 Millionen jährlich und ungefähr der Integrationshilfe-Etat Berlin-Brandenburgs für den selben Zeitraum oder irgendwie anders erklärt: 10.000 Doppelzimmer-Übernachtungen inkl. frischer Bettwäsche in einer kleinen Pension auf Norderney.

Wulff-Befragerin Bettina Schausten war noch nie auf Norderney und hat dort auch keine Freunde. Verblüffend also, was uns die TV-Moderatorin im Wulff-Interview weismachen wollte: Es wäre doch normal, dass man Freunden 150 Euro pro Nacht für eine Unterbringung bezahlen würde. Sie jedenfalls würde das immer so machen. Und Wulff konterte: „Dann unterscheidet Sie das von mir im Umgang mit den Freunden.“ Das war dann auch die einzig einigermaßen unterhaltsame Szene des lauen Mainzer Tribunals. Eine perfekte Inszenierung. Irgendwie anders als erwartet? Nein.

Die Lücke, die Wulff vor dem Interview blieb, um im Amt zu bleiben, war denkbar schmal. Zumindest da kann man sagen: Der Show-Souverän hat sie souverän durchschritten. Jede andere Behauptung wäre tatsächlich falsch. Man kann nur ahnen, wie viele Fachleute und Strategen im Vorfeld an den Antworten gebastelt haben und wie viele Stunden es dauert, dass dann auch noch mit der rauen Stimmlage des Sünders einzustudieren und zum Vortrag zu bringen.



Ob er nun ein Präsident auf Bewährung sei, wies Wulff entrüstet zurück. Er verwies aber mehr als einmal – und wie eine irgendwie andere Diekmann-Drohung wirkend – auf eine große Schar Anwälte, die für ihn tätig seien. Selbstverständlich auf eigene Kosten und nicht über das Bundespräsidentenamt abgerechnet, wie er einstudiert hinzufügte. 400 Fragen hätten seine Anwälte beantworten müssen. Das allerdings ist erstaunlich, könnte man doch annehmen, dass Wulff Fragen an Wulff selbst beantworten könnte.

Es geht also um Winkelzüge, Formulierungen und Wahrheitskonstrukte. Wulff selbst war sich also durchaus bewusst, dass er sich auf dünnem Eis bewegte. Und seine Schicksalslage war ja nicht nur irgendwie, sondern ganz anders als die seines Vorgängers Köhler. Der musste gehen, weil er die Wahrheit gesagt hat. Wulff bleibt, weil er gelogen hat. So einfach ist das.

„Wem es in der Küche zu heiß ist, der darf nicht Koch werden wollen. Wie es Harry S. Truman gesagt hat. Und deswegen muss man offenkundig auch durch solche Bewährungsproben hindurch.”, erklärt Wulff zum Schluss des Interviews. Und damit sieht er sich dann also doch als Präsident auf Bewährung, wie die Frau Schausten am irgendwie verkatert wirkenden Deppendorf vorbei insistiert hatte.

Und mit Truman schließt sich dann auch wieder der Kreis zum Oetinger Verlag. Denn dort erscheint erfolgreich das „Astrid Lindgren Kochbuch“ mit leckeren Gerichten aus Katthult und Lönneberga. Und immer, wenn der schwedische Michel was Dummes gemacht hat, muss er ohne Essen in den Schuppen, Holzfiguren schnitzen.

Der deutsche Obermichel hat seine Weihnachtskrippe sicher auch längst zusammen. Warum er sie zur Weihnachtsansprache nicht unter den schönen Bundespräsidialamtsbaum gestellt hat, bleibt allerdings ein Rätsel.

Mittwoch, 21. Dezember 2011

WAS IST EIN GUTER MENSCH?

Vielleicht ist es einfach so: Wer ein guter Mensch sein will, muss zunächst gut zu sich selbst sein. Mahtab



Der Busfahrer von Linie 16 schaute erst kurz und sagte dann: „Sie sind ein guter Mensch!“ Nicht zu mir, sondern zu einer älteren Dame, die sich beim Einsteigen nach einem zehn Cent Stück bückte und ihm auf seine kleine Kasse legte. Über die Geste selber ließe sich diskutieren. Zum Beispiel darüber wem das Geldstück nun wirklich zusteht. Wurde es von einem Fahrgast verloren oder tatsächlich vom Fahrer? Und was der Dame wohl zu einem 50 Euroschein eingefallen wäre, wenn gerade keiner hingeschaut hätte.

Interessanter finde ich die Reaktion des Fahrers: „Sie sind ein guter Mensch!“ Shen Te sagt in Brechts „Der gute Mensch von Sezuan“ : „Wie soll ich gut sein, wo alles so teuer ist?“ Ist „Gut sein“ also einfacher, wenn man gut situiert ist? Zehn Cent sind allerdings auch für einen schlecht situierten Menschen kein ausreichendes Argument, schlecht zu sein. Aber vielleicht eine willkommene Geste, gut zu erscheinen.

Was ist also ein guter Mensch? Wenn ich einen benennen müsste, würde ich spontan und maximal kitschig sagen, meine Mutter ist ein guter Mensch.
Sag ich das, weil ich ein guter Sohn sein will? Oder weil mir sonst kein guter Mensch einfällt? Ok, meine Frau. Ja, sie ist ebenfalls ein Top-Kandidat für einen guten Menschen. Aber weniger als es meine Mutter ist. Das muss etwas mit Bedingungslosigkeit zu tun haben. Eine Mutter sorgt sich bedingungslos. Bei einer Frau sieht das dann doch noch etwas anders aus. Aber gut, bei Mutter ist es etwas Biologisches. Mutterliebe ist genetisch. Darf man das sagen? Ist das noch politisch korrekt? Sicherlich.



Aber noch mal anders herum: Ein guter Mensch zu sein, meint ja zunächst, nichts Schlechtes zu tun. Aber bin ich automatisch ein guter Mensch, wenn ich mich fein aus allem heraushalte? Oder wird erst der zu einem guten Menschen, der auch Risiken eingeht? Indem er sich positioniert und diese Position verteidigt und das Kunststück vollbringt, dabei andere nicht zu verletzen.

Die christliche Lehre sagt, der Mensch sei von Natur aus schlecht. Das glaube ich nicht.
Schon die Kategorien „Gut und Böse“ sind christlich geprägt. Das Böse ist dort Inbegriff des moralisch Falschen. Die Kraft, die moralisch falsches Handeln antreibt. Und jedem Christenmenschen ist sie seit dem Sündenfall in die Wiege gelegt. Das anzunehmen, das zu glauben, kann eine Erleichterung sein. Aber ich bin sicher, es ist auch ein Hindernis. Denn woher soll der Antrieb kommen, wenn ich obendrauf zunächst immer schon gegen meine eigene „böse Natur“ ankämpfen müsste?

Wer sich für „von Natur aus gut“ hält, müsste das Gute ja nur weiterentwickeln. Aus sich heraus. Aber darüber haben sich 2000 Jahre lang religiöse und nicht religiöse Menschen Gedanken gemacht. Die Argumente liegen also auf dem Tisch. Nietzsche schrieb beispielsweise in „Jenseits von Gut und Böse“: „Es gibt gar keine moralischen Phänomene, sondern nur eine moralische Ausdeutung von Phänomenen." Und Hiob klagt in der Bibel: „Ich wartete des Guten, und es kommt das Böse; ich hoffte aufs Licht, und es kommt Finsternis.“ Das sind so ungefähr die Fronten, zwischen denen Gut und Schlecht schon so lange diskutiert wird.

Was also ist ein guter Mensch? Ich weiß keine befriedigende Antwort und befrage Freunde und Kolleginnen:

Martin:
"Das ist doch nicht so besonders kompliziert. Gut ist natürlich immer relativ. In unserer mitteleuropäischen, christlich geprägten, säkularisierten und aufgeklärten Gesellschaft ist unser ethisch-moralischer Wertekanon die Messlatte für die Qualität eines Menschen. Ein guter Mensch sollte also im Einklang mit den Gesetzen ein über große Strecken moralisch in diesem Sinne gefestigtes Leben führen, teilweise als Vorbild tauglich und in seiner zwischenmenschlichen Bilanz positiv sein. Ein sehr guter Mensch muss deutlich mehr leisten als das. Die meisten von uns werden allerdings im Mittelfeld zwischen befriedigend und ausreichend landen, manche werden sogar als mangelhaft einzustufen sein. Und leider gibt es wie in jeder Klasse auch einige, die mit ungenügend nicht versetzt werden. Wohin auch immer."

Mahtab: „Ich glaube, gute Menschen gibt es nicht. Gute Menschen sind auch langweilig. Es gibt schlechte und bessere. Ich weiß gar nicht, ob meine Selbsteinschätzung mein Maßstab ist. Aber im Grunde sieht man sich doch selbst als Moralinstanz. Jeder entscheidet für sich, wer gut oder schlecht ist. Und das ist eigentlich schlecht, weil so jeder willkürlich sein Urteil abgibt. Es gibt nichts Übergeordnetes. So wie aktuell bei Wulff: Jeder meint nun, sein Urteil abgeben zu können und zu müssen! Wie das mit Religionen als Maß aller Dinge aussieht? Die Religionen können sich ja untereinander schon nicht einigen, wer gut oder böse ist. Wie soll ich das dann noch auseinanderhalten? In einer globalisierten Welt müsste da doch längst eine Antwort gefunden sein. Wurde aber nicht. Vielleicht ist es einfach so: Wer ein guter Mensch sein will, muss zunächst gut zu sich selbst sein.“



Karen: „Ein guter Mensch ist der, der nichts für sich tut, sondern für seine Umwelt. Das ist nicht religiös gemeint, sondern sozial. Ich mag keine ungerechten Menschen und solche, die sich asozial benehmen oder die auf andere herabschauen. Die glauben, dass sie etwas Besseres sind. Über mich selbst kann ich sagen, ich bemühe mich. Aber ich schaffe es oft nicht. Ich bin im Alter nicht mehr so konsenswillig. Das allerdings halte ich für eine Grundvoraussetzung, gut zu sein. „Gut und böse“ ist mir zu religiös verortet. „Gut und schlecht“ auch. Mein Maßstab ist eher „sozial und asozial“. Weil ich glaube, dass ein Mensch für eine Gesellschaft, eine Gruppe oder ein Team denken muss. Gesellschaften müssen sich positiv weiterentwickeln. Noch können nicht alle gleich gut leben. Oder anders gesagt: Der Mindeststandard ist mies. In anderen Ländern sogar noch mehr als hier."

Elke: „Jesus war ein guter Mensch. Und Mutter Theresa. Eben Leute, die nicht nur an sich selber denken. Die etwas für andere machen. Die an andere denken, ohne dafür etwas wiederhaben zu wollen. Es gibt viele scheingute Menschen, die tun viel für andere, verlangen es aber mit gleicher Münze zurück. Das wäre noch nicht so schlimm, aber die sagen es nicht. Sie lauern und schnappen dann noch ein, wenn nichts zurückkommt."

Tolle Antworten. Nachdenkliche Antworten. Und das alles für zehn Cent auf dem schmutzigen Boden der Buslinie 16. Kann man drei Tage vor Weihnachten eigentlich mehr erwarten? Frohe Weihnachten.

Montag, 12. Dezember 2011

Eine Bibel, ein Container und der Tod des Märchenprinzen

SUBWAY Kolumne für Januar 2012
https://www.subway.de/aktuell/lebensraum/kolumnen/artikel/eine-bibel-ein-container-und-der-tod-des-maerchenprinzen-13814.html

Ich schaue keine Jahresrückblicke. Früher ja. Heute schaffe ich das nicht mehr. So groß kann doch der Voyeurismus gar nicht sein, dass man die Katastrophen 2011 ein zweites Mal und dann auch noch im banal durchkommentierten Schnelldurchlauf erleben möchte: Gaddafi und Söhne erwischt und tot gemacht. Johannes Heesters wie tot, aber 108. Diverse Naturkatastrophen mit dem Highlight Japan und Fukushima.

Ich trete zum Jahresende den Rückzug ins unpolitisch Private an: 14 Tage Resturlaub und Frau hat aus Sorge, das es 14 echt nervige Tage werden könnten, eine lange Liste mit Renovierungsaufträgen zusammengestellt. Und das war ein Segen. Denn einer ihrer Punkte lautete „Bücherregal ausmisten“. Und der hat sich zu meiner absoluten „Top-Erfahrung 2011“ gemausert.

Konkret hieß das also, jedes Buch aus der Bücherwand in die Hand nehmen, anschauen und eine folgenschwere Entscheidung fällen. Zwei Haufen. Der eine für Bücher, die in das neue, viel kleinere Regal dürfen. Und der andere für den Papiercontainer.

Erste Erfahrung: Bücher wegschmeißen ist ein Sakrileg. So etwas tut man nicht. Aber das neue 127er Plasma-TV hat das Regal nun mal um die Hälfte geschmälert. Zweite erstaunliche Erfahrung: Bücher sind Emotionsspeicher. Man braucht nur eines in die Hand nehmen, und schon beamt einen das Gedächtnis auf wundersame Weise an den Ort und in die Zeit zurück, in der man es las.



Ergreifende Bücher speichern ergreifende Gefühle. Das ist schön. Gut, es funktioniert nicht mit dem deutschen Gesetzbuch oder dem vollgeschmierten Geschichtsbuch der 6.Klasse. Aber es klappt mit Karl May. Die ganze Sammlung wandert in die Tonne. Ich wollte damals immer Old Shatterhand sein, der nach seiner Schussverletzung von Winnetous Schwester im Tipi gepflegt wird. Eine frühe erotische Erinnerung wandert also in den Papiermüllcontainer. Darf man da überhaupt Bücher reinschmeißen? Egal, ich bin so frei. Ich mache mich frei..

Eine alte zerfledderte Ausgabe von „Der Graf von Monte Christo“ muss ebenso dran glauben wie 32 Dr. Oetker Kochbücher. So eine Oldschool-Reihe für Fleischfresser. Wir sind aber Vegetarier. Weitere Bücher schmeiße ich schon allein wegen der 80er-Jahre-Knallbunt-Cover weg. Und das sind etliche. Weg, weg, weg.



Svende Merians "Der Tod des Märchenprinzen": Weg! Den emanzipatorischen Blödsinn hatte mir 1984 eine ältere erste Freundin geschenkt und mir dabei dringend ans Herz gelegt, das Ding zu lesen, wenn ich mit ihr was anfangen will. Also las ich. Und anschließend wurde diskutiert. Also die Freundin machte so eine Fragestunde. Ich war damals jung genug, die richtigen Antworten zu geben. Und dann war da ja noch die Sache mit Winnetous Schwester, deren Verwirklichung nahte.

Aber warum habe ich diese Erinnerung so lange im Schrank verwahrt? Also die dicke Svende M. mit Hüftschwung in die dicke Tonne. Erleichterung mit jedem weiteren Wurf. Befreiung auch, als ich alles, was nach Gedichtband aussieht, wegwerfe. Eine gefühlte Tonne Balast verschwindet im düsteren Containerschlitz. Alles muss jetzt in den Schlitz. Ich werfe und werfe und werfe. Sogar den Mörike im Prachtband.

Nur die Bukowski-Sammlung behalte ich inkonsequent. Frau besteht auf alle Djian-Taschenbücher. Aber der Sog ist trotzdem nicht mehr aufzuhalten. Ich höre mich am Container den Michael-Holm-Schlager „Tränen lügen nicht“ pfeifen. Fast hysterisch. Dann ist der Wagen irgendwann leer.

Ich schaue ein letztes mal durch den dunklen Schlitz auf die vielen Erinnerungen und entdecke da plötzlich obendrauf die Hochzeitsbibel meiner geschiedenen Eltern.

Und ausgerechnet bei einem Buch, mit dem ich überhaupt keine eigenen Erinnerungen verbinde, plagen mich plötzlich solche Gewissensbisse, dass ich stundenlang mit einem gebogenen Draht angle und die peinlich berührten Blicke Vorbeieilender ertrage. Frau ist längst nach Hause gefahren, weil ich ihr nicht erklären kann, was ich da tue.



Ich konnte es mir ja anfangs selbst nicht erklären, war dann aber richtig glücklich, als ich irgendwann in der Nacht die Elternbibel wieder in den Händen hielt, in der Jacke versteckte und zu Hause schnell auf der untersten Ebene des neuen Bücherregals positionierte.

Ein frohes Neues Jahr.

Sonntag, 4. Dezember 2011

DEUTSCHER SOHN jetzt also Wegbereiter einer Intellektualisierung ;) ...

Na, da sind wir mit Recht geschmeichelt. Und erzählt wird es von niemand Geringerem als Moritz Baßler. Der "Pop-Literatur-Papst" (so P. Unfried)



Hier der LINK:
https://www.mittelbayerische.de/nachrichten/artikel/charlotte_roche_mehr_als_nur_m/733047/charlotte_roche_mehr_als_nur_m.html#733047

Und ja, wir lieben Charlotte!

Mittwoch, 30. November 2011

PETER O. CHOTJEWITZ 14.JUNI 1934 – 15. DEZEMBER 2010

Am 15. Dezember 2010 starb Peter O. Chotjewitz. Nachrufe verbieten sich. Seine Arbeiten sprechen für sich. Deshalb hier sein Interview vom 18. 9. 2009 zum damals erschienenen Baader-Meinhof Film von Bernd Eichinger der wenige Tage nach Chotjewitz verstarb.




Interview mit Peter O. Chotjewitz anlässlich der Premiere des Films „Der Baader-Meinhof-Komplex.“
Nach einer medialen "Odyssee" veröffentlicht bei "Analyse & Kritik", Zeitschrift für linke Debatte und Praxis. https://www.akweb.de/ Der alte Sontheimer fand es unmöglich für den Spiegel. Die TAZ zierte sich ebenfalls und das Prager-Frühling-Magazin um Katja Kipping (DIE LINKE) nahm es zunächst euphorisch online, nur um es 1 Stunde und 12 Minuten später erschrocken und kleinlaut wieder vom Netz zu nehmen.

Den Kontakt mit Peter O. Chotjewitz machte der Verbrecher Verlag. Hier hatte der deutsche Schriftsteller, Übersetzer und Jurist zuletzt 2007 „Mein Freund Klaus“ veröffentlicht, eine Spurensuche nach Klaus Croissant, dem einstigen Wahlverteidiger der RAF und später wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu 2 ½ Jahren Haft verurteilte deutsche Rechtsanwalt.

Ein weiterer Freund von Chotjewitz hieß Andreas Baader. Im Nachlass des 2002 verstorbenen Klaus Croissant fand sich eine Schallplattenbestellung vom August 1974 zusammengestellt vom inhaftierten Baader. Mit dem schriftlichen Vermerk: „Rechnung an Rechtsanwalt Chotjewitz“. 2009, 35 Jahre später erklärt Chotjewitz: „So wie die Verhältnisse damals gewesen sind, war es eher umgekehrt. D.h. Herr Baader bestellt bei mir, ich bestelle beim Verlag und die Rechnung kriegt Rechtsanwalt Croissant. Ich hatte noch nie Knete... In welchem Arschiv hast Du die Bestellung gefunden?“

https://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=tz&dig=2008%2F04%2F26%2Fa0146&cHash=fe8663a2cf

Anlässlich der bevorstehenden Premiere zu „Der Baader-Meinhof-Komplex“ beantworte Chotjewitz eine E-Mail-Interviewanfrage per Post. Briefmarke: Der Leuchtturm von Amrum. Gestempelt: Briefzentrum 70 (Die 70 steht für Stuttgart Stadt). „Ich habe den Eichinger-Film nicht gesehen und werde ihn auch nicht gesehen haben. ... alles was ich wusste, habe ich geschrieben. Neues ist nicht dazugekommen in den letzten Jahren. Wenn Sie nicht selbst investigieren wollen oder können, müssen Sie’s machen wie die Schreiber der TAZ u.a. Käsblätter. Sie müssen sich was aus den Wichsgriffeln lutschen.“



Peter O. Chotjewitz ist 76 Jahre alt geworden. Er ist Autor zahlreicher Romane, Erzählungen und Essays. Außerdem ist er Übersetzer des italienischen Nobelpreisträgers Dario Fo. Neben einer hohen Einfühlungsgabe und Sensibilität, die er ganz sicher für seine vielgelobte Arbeit braucht, war Chotjewitz vor allem immer eines: unglaublich zornig, wie das folgende, dann doch noch gewährte Interview zu „Der Baader-Meinhof-Komplex“ unzweifelhaft beweisen konnte:





Der Zorn geht weiter!



A.W.: Welchen Film haben Sie sich zuletzt im Kino angeschaut?
Peter O. Chotjewitz: Wenn ich in Stuttgart bin, leihe ich mir meistens DVD-Casetten aus. Zuletzt habe ich drei Filme von Achternbusch gesehen: "Das Andechser Gefühl", "Die Atlantikschwimmer", "Servus Bayern". Mein Lieblingsfilm ist "Das Gespenst", in dem Achternbusch als Jesus durch München geht und die Passanten um Scheiße bittet. "Gebt Scheiße, Leute, gebt Scheiße." Achternbusch schreibt die besten Dialoge, hat einen tollen Sinn für Bilder und ist ein großartiger Schauspieler. Natürlich mag ich auch den jungen Bierbichler, der in allen Filmen Achternbuschs mitspielt. Die Trotta hätte nie eigene Filme drehen dürfen. Sie hätte immer eine von Achternbuschs Protagonistinnen bleiben sollen.
Wenn ich in Rom bin, gehe ich dagegen oft ins Kino. Fast jeden Abend. In Rom gibt es gute Kinos. Die Filme, die da laufen, würde sich ein deutscher Kinobetreiber nicht trauen. Im Frühjahr sah ich in einem Off-off-Kino "Sweeny Todd", in dem fast nur gesungen wird. Gesungene Dialoge. Johnny Depp spielt einen genialen Barbier, der allen seinen Kunden, die an seinem Unglück schuld sind, die Kehle durchschneidet. Seine Freundin hat unter dem Barbierladen einen Schnellimbiß. Die Hamburger, die sie brät, sind aus Johnny Depps Kundschaft. Er hat eine Falltür in seinem Laden, die direkt in die Garküche führt. Auch "Couscous", ein tunesischer Film, war gut gemacht.

Sie wollen sich den Film "Der Baader-Meinhof-Komplex" nicht anschauen. Warum nicht?
Die Filme zum Thema "RAF", die ich bisher gesehen habe, waren mehr oder weniger zum Kotzen. Eichinger und Aust sind nicht die einzigen, die nicht die Absicht haben, gute Arbeit zu leisten. Kraushaar, Reemtsma sind keine geringeren Idioten. Vielleicht würde ich mir den Film von Eichinger anschauen. Zum Glück hat mir der Arzt strenge Bettruhe verordnet. In Filme wie die von Eichinger kann man reingehen, wenn man keine Lust hat, in die Kneipe zu gehen. Denken Sie an seinen Hitler-Film. Gequirlte Scheiße, Volksverdummung, die reine Profitmacherei. Eichinger ist der Dieter Bohlen des Politkinos. Aust war eine Dreckschleuder seit er beim "Spiegel" ist. Das Denken sollte er seinen Pferden überlassen, die haben einen größeren Kopf.

Sind Sie im Vorfeld des Films als Zeitzeuge von jemanden befragt worden?
Wenn einer versucht hätte, mich als Zeitzeuge zu befragen, den hätte ich hochkant abfahren lassen. Ich bin und war kein "Zeitzeuge". Ich bin beteiligt.

Frank Schirrmacher in FAZ: Der Film hat "die Kraft, die gesamte RAF-Rezeption auf eine neue Grundlage zu stellen." Macht Sie das nicht neugierig? Wie würden Sie die bisherige RAF-Rezeption zusammenfassen?
Wenn Schirrmacher behauptet, Eichingers RAF-Film stelle die Rezeption auf eine neue Grundlage, so wüsste ich gerne, was Schirrmacher rezipiert hat. Ob er mehr gelesen hat, als das RAF-Buch von Aust aus dem Jahr 1986. Es gibt bislang höchstens einige Ansätze zu einer RAF-Rezeption, die den Namen verdient. Dass Thema RAF wird, gerade von Staats wegen, unter Verschluß gehalten. Was rausgelassen wird, ist der übliche Dreck der Counterinsurgency. Diffamationen. Geschichtsklitterung. Lügen.

Baaders Geschichte wird nach dem Film eine neue Anziehungskraft auf junge Menschen haben. Sie kannten Baader, was wirkte auf Sie anziehend an ihm? Wie viel ist dran am so oft bemühten besonderen Charisma?
Wäre natürlich zu wünschen, wenn junge Menschen sich trotz des Films dafür interessieren würden, wer Andreas Baader wirklich war. Dann sollten sie sich aber nicht nur für ihn interessieren, sondern auch für die vielen hundert Menschen, die damals am Kampf der RAF aktiv oder passiv teilgenommen haben. Sie sollten sich für die anderen kämpfenden Kader interessieren und die vielen RAF-Kämpfer, die bei den Killfahndungen und in den Gefängnissen ermordet wurden. Zur Zeit vergießt man zu viele Tränen für solche elenden Figuren wie Buback und Schleyer. Ich glaube allerdings nicht, dass Darstellungen alla Aust, Kraushaar, Koenen, Pflieger, Peters, Menschen zum Nachdenken anregen. Sie sind politische Propaganda, die den ungeschulten Leser zumüllt, sodaß er am Denken gehindert wird. Das ist ihre staatstragende Aufgabe.


Bettina Röhl in WELT Online: "Die RAF hatte ... keinen Widerstandskampf zu leisten ... weil sie von einer Massenbewegung getragen wurde." Hatten sie zu der Zeit jemals das Gefühl Teil einer Massenbewegung zu sein?

Wenn Frau Röhl denken oder schreiben könnte, würde ich vielleicht begreifen, was sie meint. Daß die RAF von einer Massenbewegung getragen wurde, muß ich mit Nichtwissen bestreiten. Ohne die staatliche Counterinsurgency hätte eine Massenbewegung draus werden können. Alle staatlichen Maßnahmen zielten stets auch darauf ab, eine Massensolidarität zu verhindern. Der Absicht dienen auch Aust und Eichinger.
Gab es überhaupt eine Massenbewegung? Noch dazu eine, der ich angehört habe? Ich habe von Anfang an mit den Bolschewiki und dem bewaffneten Kampf sympathisiert. Das waren beides keine Massenbewegungen.

Die Buchvorlage von Stefan Aust zum Film wird erneut die Top Ten erreichen. Sie sind seit Mitte der 1960er Jahre Schriftsteller und haben beinahe jährlich veröffentlicht. Wie geht es Ihnen dabei?
Der Verkaufserfolg von Aust juckt mich nicht. Mich jucken auch nicht die Millionen von Günter Grass und Daniel Kehlmann. Ehe ich schreibe wie die gehe ich lieber wieder als Maler und Anstreicher.

Angenommen Sie hätten fünf Minuten Vorspann des Films zur freien Verfügung, was würden Sie den Besuchern mit auf den Weg geben?
Ich würde in aller Ruhe auf die Bühne scheißen und die Scheiße mit einer Zwille ins Publikum schießen.

Die ganze Aufregung kann Sie ja nicht kalt lassen. Wie geht man in so einer Zeit mit seinen Emotionen um?

Mit meinen Emotionen, einerlei welcher Herkunft, gehe ich seit mehr als vier Jahrzehnten auf die gleiche Weise um. Ich setze mich an die Schreibmaschine und hacke Texte in die Tasten, die bestimmt wieder kein Schwein lesen will. Nach dem Mittagessen bin ich dann so müde, dass ich zwei Stunden lang gut schlafe. Abends vielleicht ein Film mit Bruce Willis. Da wird nämlich auch zufriedenstellend gekillt, aber so, dass ich mich nicht zu ärgern brauche, wenn die Falschen gekillt werden , und nicht zu freuen, wenn es die Richtigen trifft. Gut finde ich zum Beispiel die vielen US-Filme, in denen der Präsident gekillt werden soll oder seine Frau. Diese herrlichen Bösewichter. Meistens rechtsradikale Generäle oder Geheimdienstbosse. Wer nicht glauben will, dass gerade in den westlichen Rechtsstaaten in den Gefängnissen gekillt wird und Killfahndungen Usus sind, braucht sich nur einen us-amerikanischen Politthriller anzuschauen. Da wird reiner Wein ausgeschenkt.

Schily, Croissant, Mahler, Ströbele und Sie - fünf RAF-Anwälte, von denen man annehmen würde, es hätte einen gewissen Konsens gegeben. Dann aber völlig unterschiedliche prominente Werdegänge. Schily, Croissant (postum), Mahler, Ströbele und Sie 2008 in einer Altherrenrunde. Grausame Vorstellung?

Schily, Ströbele, waren Vertrauensanwälte in Stammheim und in anderen politischen Strafverfahren. Der Respekt vor ihren Mandanten gebietet es, ihre Leistung anzuerkennen. Sie haben das Amt der Verteidigung, mutig, selbstlos, bis weit in den politischen Diskurs hinein ausgeübt. Also höchstes Lob. Mahler war bis zu seinem Rauswurf sogar in der RAF, hat sich also verdient gemacht. Ohne ihn wäre es nicht möglich gewesen, den skandalösen 2. Juni 1967 zu rekonstruieren. Das tat Monika Berberich in seinem Büro. Überhaupt war das sozialistische Anwaltskollektiv um Mahler wichtig für die Entstehung einer engagierten politischen Advokatur. Was die drei Herren später aus ihren Leben gemacht haben, entwertet nicht ihre damalige Leistung.
Klaus Croissant ist ein Sonderfall. Er hat mehr geleistet als irgendein Anwalt. Deshalb hat man ihn so gehasst und verfolgt. Lesen Sie meinen Roman "Mein Freund Klaus". Ich war nie Verteidiger in einem RAF-Prozeß. Ich war befreundet mit Andreas Baader. Meine Zulassung war ein Vorwand, um ihn besuchen zu können. Glauben Sie aber nicht, dass irgendein Anwalt in Stammheim als Kurier tätig sein konnte. Die Anwaltsbesuche wurden optisch und akustisch überwacht. Man konnte sich nur flüsternd unterhalten, wenn's ans Eingemachte ging.

Irgendjemand müsste ihnen die Wahrheit sagen, WEN würden sie WAS fragen?
Ich würde den, der es wissen muß, bitten, mir zu sagen wer weiß, wer es war, und den würde ich bitten mir zu erzählen, wie sie es gemacht haben. Und da Buback jr. immer wissen will, wer seinen Vaters erschossen hat, würde ich auch fragen, wer meinen Freund erschossen hat.

Wie politisch sind Sie heute? Welche Parteien sind für Sie wählbar?

Gegenfrage: Was heißt politisch sein? Ich bin ein Gegner der parlamentarischen Demokratie und des Mehrparteiensystems und das seit den Zeiten der bismarckschen Reichsverfassung. Es wäre also inkonsequent, irgendeine Partei zu wählen.

Fällt Ihnen etwas Positives und etwas Negatives über die Partei DIE LINKE ein?

Vielleicht wähle ich demnächst mal die Linkspartei, aber nur um die rechtsradikale SPD-Führung zu ärgern. Deren dumme Gesichter möchte ich sehen, wenn sie regieren könnten, sich aber nicht trauen, weil das Kapital es nicht erlaubt.

Darf/Muss es so etwas wie eine linke Boheme/ Elite geben? Fehlen heute die Salon-Linken als Identifikationsmöglichkeit für die bürgerliche Mitte?
Linke Boheme bin ich selber. Noch eine zweite braucht es nicht zu geben. Gab es nach 1945 in der BRD je eine Salon-Linke? Vielleicht in jenen Zeiten und Kreisen als es möglich war, sich gleichzeitig für links zu halten und gegen die DDR zu sein. Biermann war so ein Salon-Linker. Wenn einem so was fehlt, sollte man sich untersuchen lassen.

Rückblickend: Was waren ihre größten Erfolge, was ihre schmerzlichsten Niederlagen?

Keine Siege, keine Niederlagen. Si tira avanti.

Bitte einen Ratschlag zum Schluss: Ein junger Mensch fühlt gesellschaftliches Unrecht. Er möchte etwas tun. Welches politische Engagement würden sie ihm anraten? An wen könnte er sich wenden?
Er soll sich an mich wenden. Ich sage ihm, wo die RAF nicht nur ihr berühmtes Logo versteckt hat. Auch die erste Waffe, die je benutzt wurde. Man kann in solchen Fällen auch nach Venezuela oder in den Gaza-Streifen gehen. Überall auf der Welt sind die Kämpfe höher entwickelt als in der EU.



Ein großartiges Buch:
https://www.amazon.de/Mein-Freund-Klaus-Peter-Chotjewitz/dp/3935843895/ref=sr_1_2?s=books&ie=UTF8&qid=1322642323&sr=1-2

posthumm erschienen:
https://www.amazon.de/J%C3%BCnger-Joint-aufm-schon-Goebbels/dp/3881783628/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1322642277&sr=8-1

Dienstag, 29. November 2011

AUFZUCHT



Geben wir unseren Söhnen immer heimlich.

Freitag, 25. November 2011

ANARCHIEAPFELSAFT

Erschienen als Kolumne im SUBWAY MAGAZIN Dez. 2011
https://www.subway.de/289/lebensraum/kolumnen/artikel/anarchie-apfelsaft-13649.html



Eine Geschichte, die mit einem Apfelbaum anfängt, könnte nach hinten raus ziemlich kitschig enden. Ich versuche es trotzdem mal: Der Baum steht vor dem Häuschen der Oma. Und wir schüttelten den so lange, bis der Rasen darunter mit dem guten Boskop bedeckt war. Dann in Bettbezüge eingesammelt, ins Auto und zur Mosterei Burg Lutter“ das ist in Lutter am Barenberge, von Braunschweig aus zwischen Salzgitter Bad und Seesen.

Der Burgturm überragt hier alles. An zwei steinernen Torsäulen vorbei geht’s eine holprige Pflastersteinzufahrt hinauf, als führe man direkt in Grimms Märchenbuch. Zwischen den hohen verwitterten Gebäuden scheint die Zeit stehen geblieben. Wäre da nicht ein meterhohes Anarchiezeichen an der Burgmauer. Ein fetter Truthahn nimmt uns die Vorfahrt. Hühner flattern aufgeregt davon, ein Hundewelpe jagt ein Katzenbaby und ein Grimmiger mit selbstgehäkeltem Pullover schwingt die Axt und stapelt das gespaltene Holz in Kisten.

Wir halten vor den weit geöffneten Torflügeln zur Burgmosterei. Außer dem Holzhacker sind keine weiteren Männer zu sehen. An den Apfelpressen und Saftabfüllanlagen haben fünf junge Frauen das sagen. Schürzen, grobe Stiefel, Kopftuch. Würden da nicht bei mindestens einer ein paar Rastahaare hervorlugen, wär's eine Zeitreise ins 19. Jahrhundert. Und wie gut die drauf sind. Die lachen sogar noch, als sie zu zweit 40 Kilo Apfelbottiche schleppen.



Dass das allerdings für Menschen von heute alles andere als spaßig ist, werden wir gleich erfahren, denn hier ist aktive Mithilfe angesagt: Unter den Augen der Kopftuch-Rastalady stehe ich mit Frau am Elevator um unsere Ernte einzuschütten.

Ich gebe mein Bestes, aber der Schreibtischjob, der Rücken, das Körpergewicht … O.k., ich mache keine so gute Figur, lasse mir aber nichts anmerken und mich anschließend auf grobe selbstgetischlerte Bänke fallen, die hier dankenswerterweise mit Blick auf die arbeitenden Mosterinnen aufgestellt sind. Es gibt lecker Selbstgebackenes und Kaffee gegen Spende. Frau hilft weiter beim Abfüllen, ich spende.

Und dann komme ich kaum noch von der Bank hoch. Dem Truthahn fällt meine Arbeitsverweigerung als erstem auf, jedenfalls kommt er gefährlich nahe. Ob der auf solche Härtefälle abgerichtet ist? Ich würge den Rest vom dritten Stück Vollkornkuchen runter und erhebe mich mühsam.

Zwei der Kopftuchträgerinnen stehen an der frühindustriellen Presse, so ein schweres Eisenteil bis zur Decke, und verteilen die geschredderten Äpfel Lage um Lage auf groben sackartigen Stoffen, bis die Presse von oben Druck macht.

Und das ist übrigens der einzige Druck von oben, der hier geduldet wird, wie die burgeigene Internetseite erklärt: „Wir wollen ohne Herrschaftsstrukturen nach anarchistischen Gesichtspunkten zusammenleben. Wir erarbeiten unseren Unterhalt selbstständig. Dabei lehnen wir hierarchische Strukturen und lohnabhängige Arbeit ab und streben Selbstbestimmung an. Hier gibt es also weder Chefin noch Chef.“



Bei einem Erkundungsgang über den weiten Hof, auf der vergeblichen Suche nach irgendwas Verbotenem oder dem letzten Waffenversteck der RAF treffe ich doch noch auf ein männliches Gesicht. Aber der ist nicht von hier, sondern so ein weißhaariger Alt-Kommunist mit Kamera, den ich schon mal zwischen roten Fahnen auf dem Braunschweiger Kohlmarkt gesehen habe.

„Wir haben hier politisches Wochenendseminar!“ Die Frage, ob es da auch was von diesem Vollkornkuchen gäbe, beantwortet er nicht. Für die Arbeiterinnen hat er keinen Blick. Er knipst lieber altes Gemäuer und ich bin sogar sicher, vom Frischgepressten bekommt er Sodbrennen. Ich flüchte zurück zur Arbeit, als er mir den Unterschied zwischen Castro und Gaddafi erklären will, stolpere dabei ungeschickt über ein Huhn, was von glockenhellem Lachen der Mosterinnen quittiert wird.

Es endet also lustig und nicht kitschig, als wir vollbeladen heimwärts fahren. Hinten im Wagen knackt es wie beim Lagerfeuer, als 200 Twist-Off-Deckel über abkühlendem Anarchie-Apfelsaft dichtmachen. Man, ich freue mich und lächle zur Frau rüber. Dass muss ziemlich grenzdebil ausgesehen haben, jedenfalls schaut sie zurück, als hätte sie gerade Zitronensaft getrunken. Frauen können so unromantisch sein.

https://www.mosterei-burg-lutter.de/

https://www.burg-lutter.de/

Mittwoch, 23. November 2011

Der angestrengte Versuch, gegen eine Entlohnung von 275 € eine perfekte Kolumne für eine Provinzzeitung zu schreiben mit einer Abonnementen-Leserschaft irgendwo im Alter zwischen 58 und 85 Jahren. Und die angestrengte Frage: Reicht das, was nun kommt, schon für 275 €?



IRGENDWAS IST IMMER ...

Der Tag fing so normal an, wie eigentlich seit Jahren jeder neue Tag anfängt. Was man eben so normal nennt, wenn gleichzeitig vier Kinder und ein Hund aufwachen.

Mit aufgewacht sind auch die Sorgen. Kleine Sorgen. Oft großaufgebauscht, aber fest verankert in der Magengegend. Ein gutes Gefühl ist eines, mit wenig Sorgen. Das passiert immer dann, wenn sich wieder eine Sorge in Luft aufgelöst und die nächste noch nicht zur vollen Größe aufgebläht ist.

Erste Erkenntnis also: "Ein Sorge weniger" ist Quatsch. Bei uns ist es ein Staffellauf.

Der Jüngste von vieren ist sieben Jahre alt und geht in die zweite Klasse der Grundschule. Ein Schlacks. Ein Sorgloser. Zu schnell gewachsen – auch die goldenen Locken. Die Großen müssen früher aus dem Haus. Die ersten kleinen Dramen ballen sich deshalb in einem Zeitraum zwischen 7:10 und 7:35. Fahrrad platt. Pumpe suchen. Falsches Ventil. Andere Pumpe. Geht nicht. Muss geflickt werden. Schulhefte verlegt. Das falsche Brot. Gar kein Brot. Wo ist die Trinkflasche. Mein Ipod ist nicht geladen. Wo ist mein Handy. Jetzt aber schnell zum Bus.

Also all diese Hera Lind Sorgen, die niemand lesen mag, der mal ein bisschen Zeit zum Lesen hätte. Der Jüngste geht als Letzter. 7:40. Um 7:45 muss er eine Straße weiter den Nachbarjungen abholen. Kuss, Tschüss. „Mach die Jacke zu!“

Ja doch, es ist billig, aber wenn die Tür zufällt, fühlt man ihn. Diesen besonderen Moment. Ein Schwebezustand. Eine Ahnung von Sorglosigkeit. Aber auch ein Gefühl von Untätigkeit. Die Twillightzone. Bis Sekunden später das Lauern auf die nächste Sorge folgt. Der Hund jault kurz, er spürt, das was komisch ist. Aber das reicht jetzt noch nicht für eine neue Sorge. Der kann warten, er war ja früh morgens schon ganz hinten im Garten. Das kann man später noch wegmachen. Hinsetzen. Kaffee. Umschauen. Tapezieren wäre mal wieder was. Neuer Teppich?

7:56. Das Telefon klingelt. Und es wird umstandslos zum Sorgentelefon. Der Vater des Nachbarjungen. Wo denn nun unser Junge bliebe, die Schule würde ja gleich anfangen. Hat er vergessen den Kumpel abzuholen? Wie bitte? Der hat nicht bei Euch geklingelt? Nein, hat er nicht. Telefonat wird mit einer Entschuldigung für den Sohn beendet.



Und jetzt wäre es eigentlich Zeit, selbst mit der Arbeit anzufangen. Aber da wächst nun etwas, das eigentlich überhaupt keinen Grund hätte zu wachsen. Der kleine Sorgenkrebs. Wie weit ist der Weg zur Schule? Also das sind 250 Meter bis zum Nachbarjungen. Dann noch mal 500 Meter über zwei Straßen und eine Ampel hinweg bis zur Grundschule. Aber der ist da nie angekommen. Der wird auch um 13 Uhr nicht nach Hause kommen. Der Junge ist weggeschnappt. Unter den Augen der Nachbarn, die sich nichts dabei gedacht haben, als der Junge erst ans fremde Auto gewunken und dann reingeschubst wurde. Wird wohl ein Verwandter gewesen sein.

8:15 – der Kaffee fällt in den Magen, als wäre er Säure. Das Staubsaugergeräusch macht schlimmen Kopfschmerz. Bohrend. Das Herz krampft. Erster panischer Blick vor die Haustür. Zweiter panischer Blick vor die Haustür. Aber gottseidank keine Anzeichen irgendeiner Entführung. Das muss weiter unten passiert sein. Der Hund schlüpft aus der offenen Haustür und läuft Richtung Schule. Da muss tatsächlich was passiert sein. Willkommen Sorgen. Ihr guten alten Bekannten.

8:22 Hund ist wieder da. Er hat doch nur sein zweites dringendes Geschäft erledigt.

8:42 Mantel und Schuhe an. Hin- her gehen vor der Tür. Aber wenn ich jetzt einfach im Klassenraum auftauche mit panischem Blick, den Jungen entdecke und erleichtert wieder gehe. Mit so einem entrückten Lächeln auf den Lippen. Das wäre doch bescheuert. Wie erklärt man so etwas?

Dann ein Kreativ-Moment, wie ihn nur Sorgen in der Lage sind zu produzieren: Logisch! Die hängen doch ihre Jacken außen an die Haken! Ich muss ja noch nicht einmal in den Klassenraum hinein. Er würde das nicht einmal merken, wenn er, was nun meine intensivste Hoffnung wird: eben nicht entführt wurde.

Ich schleiche mich also durch den Schulflur mit zittrigen Knien und schweißnassen Händen. Mit den Fingerspitzen streife ich die Kinderjacken und da ist dann auf einmal wieder dieses kurze Sorglosgefühl. Glück. Jacke Gefunden: Junge angekommen. Entführung ausgefallen.

Auf dem Weg zurück kann ich fliegen. Wie schön eigentlich. Alles gut. Ich schließe die Tür und halte die Jacke in der Hand! Ja sag mal spinn ich denn? In zwei Minuten ist Pause! Der Junge sucht doch dann verzweifelt seine Jacke! Und dann wird er sich doch richtig Sorgen machen!

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