Gesellschaft

Dienstag, 22. November 2011

KÜNAST DIE HERZLICHE



"Es ist bei ihnen ein Mangel an Herzensbildung festzustellen, Frau Schröder"

Frau Künast, gehen Sie mal in sich. Die gruselige Mordserie an Deutschen mit türkischer Herkunft und Türken so zu missbrauchen, beinahe, als wären die Morde so etwas wie ein kleiner Reichstagsbrand, so dreist muss man erst einmal sein! Aber hier ist überhaupt kein Platz für irgendeine "Gunst der Stunde".


"Es ist bei ihnen ein Mangel an Anstand festzustellen, Frau Künast"


Ein politisches Langzeitziel von Künast (GRÜNE) bis Polenz (CDU) – nämlich die Diskreditierung aller noch an der Bundesrepublik Deutschland als Nationalstaat festhaltenden Bürger und Bürgerinnen – jetzt über diese Schandtaten dreier Thüringer Skinhead-Krimineller weiter vorantreiben zu wollen ist unpassend. Ach was: schäbig.

Aber der folgende dapd Artikel spricht für sich. Und bedarf keiner weiteren Kommentierung.

Vielleicht noch so viel:
Wenn Linksextremisten zukünftig wieder in "Gegen-Rechts-Projekte" eingebunden werden sollen – nicht anders liest sich doch die Forderung nach Abschaffung der Extremismusklausel – dann kann das für die Zukunft noch weit schlimmer sein, als das Versagen der Polizei- und Verfassungsschutzbehörden im Fall der Zwickauer Mordverdächtigen/Mörder.

Eine vernunftsgesteuerte Auseinandersetzung mit Fragen zur Zukunft Deutschlands sind damit quasi bereits potentiell unter Strafverfolgung gestellt. Und was das dann für Strafverfolger und Strafverfolgungsmaßnahmen sein werden, wird noch zu erfahren sein.

Es ist doch eine Schande, das man zu so einem traurigen Anlass noch zum Mahner über die Mahner werden muss.Das hätte nicht sein müssen. Aber Bundesministerin Kristina Schröder hat eine solch schäbige Behandlung nicht verdient. Das geht tatsächlich weit über eine gerade noch tolerierbare Stutenbissigkeit hinaus.



Hier der Artikel über das schäbige Verhalten der Frau Künast:

"Berlin (dapd). In der Bundestagsdebatte über die rechtsextremistische Mordserie in Deutschland hat Grünen-Fraktionschefin Renate Künast Bundesfamilienministerin Kristin Schröder (CDU) heftig kritisiert. "Es ist bei ihnen ein Mangel an Herzensbildung festzustellen, Frau Schröder", sagte Künast am Dienstag und spielte damit auf die Praxis der Projektunterstützung durch das Ministerium an. Schröder hätte viel "früher sehen können und müssen", sagte Künast.
Künast forderte eine Abschaffung der Extremismusklausel. Danach verlangt das Familienministerium von Projektträgern, die staatliche Unterstützung erhalten wollen, dass sie sich zur Verfassung bekennen und auch für die Verfassungstreue ihrer Kooperationspartner bürgen. In der Praxis kann das dazu führen, das Projektträger kein Geld vom Staat bekommen.
Künast erklärte, es sei "beschämend, dass unser Land vielen Menschen keinen Schutz vor Rechtsterror geboten hat" und sprach von einer Legitimationskrise der Sicherheitsbehörden. "Wenn man hätte wissen wollen, hätte man wissen können", sagte sie. Aber in Deutschland seien die Verfassungsschutzämter immer noch vielmehr auf den Linksextremismus fokussiert und hätten "eine Ignoranz gegenüber der rechten Seite". So werde im Fernsehen über Neonazi-Treffen berichtet, der Verfassungsschutz aber wolle dies nicht gesehen haben."

Ps.: Alexander Kisslers neues Husarenstück ist da natürlich Pflichtlektüre:

https://www.theeuropean.de/alexander-kissler/8926-die-kanzlerin-und-der-terror

Und hier auch die Frage gleich an Kissler angehängt: Mal sehen, ob Frau Merkel ebenso reagiert, wenn die nächsten Deutschen von frustrierten "Personen" in irgendeinem U-Bahnschacht totgetreten werden.
Ist dann auch wieder die deutsche Gesellschaft voll Scham und Schuld? …

Sonntag, 20. November 2011

FRISCHES AUS ERFURT TEIL III

Was taugt DAS PARTEIPROGRAMM der Partei DIE LINKE wirklich?



Nach Teil II
https://wallasch.twoday.net/stories/frisches-aus-erfurt-teil-ii/

TEIL III :

–Programmpunkt IV „Linke Reformprojekte – Schritte gesellschaftlicher Umgestaltung“

Von guter Arbeit,schlechten Traditionen und warum die gute alte Arbeiterfamilie irgendwie „pfui“ ist.

Los geht’s hier südamerikanisch-pathetisch, politreligiös-linkstraditionell:

„Der Kampf für eine bessere Welt, für den demokratischen Sozialismus, beginnt mit der Veränderung der Gesellschaft, in der wir leben. DIE LINKE setzt sich für die Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit, die friedliche Lösung von Konflikten und die Demokratisierung der Gesellschaft ein.“

Rainer Langhans lässt grüßen mit der ewigen Frage, was denn nun was beeinflusst, das Sein das Bewusstsein oder doch irgendwie andersherum.

Richtiggehend gesellschaftsphilosophisch wirds beim Unterpunkt „Gute Arbeit“:
„Menschliches Leben umfasst die physische, kulturelle und geistige Reproduktion und reicht damit weit über den Bereich der Erwerbs- und Lohnarbeit hinaus.“
Am 13.Juli 2011 hatte Klaus Ernst auf seiner Website über diesen Punkt geschrieben:
„Besonders intensiv diskutiert wurde das Verständnis von Arbeit unter heutigen und zukünftigen gesellschaftlichen Bedingungen.“
Im Programm folgt dann eine Definition von „Guter Arbeit“ im Gegensatz zu schlechter Arbeit: „Gute Arbeit fördert die eigenen Stärken, schöpft Potenziale und eröffnet Perspektiven zur persönlichen und beruflichen Verwirklichung.“

Und dann stellt man richtig fest:
„Erwerbsarbeit kann Quelle von Selbstverwirklichung sein, aber für viele beginnt Selbstverwirklichung außerhalb ihrer Arbeitsverhältnisse.“

Logisch. Denn die meisten Beschäftigten sind eben nicht selbstständig und arbeiten für andere. Da erkennt also auch DIE LINKE das Grundübel. Eine Idee allerdings, wie man den als Grundübel erkannten Egoismus abwenden kann, hin zur Arbeit für die Gemeinschaft, fehlt. Stattdessen folgen arbeitsrechtliche Forderungen: Gewerkschaften, Sozialversicherungen usw. Nur das macht Arbeit auch nicht viel schöner, nur den Geldbeutel etwas voller und dafür die Ödnis noch größer.

„Die privaten Banken sind für die Spekulationsblase der vergangenen Jahre und die entstandenen Milliardenverluste wesentlich verantwortlich. Private Banken müssen deshalb verstaatlicht (werden).“
Das klang bei Lafontaine 2011 im niedersächsischen Kommunalwahlkampf noch anders: „Im Umgang mit den Banken merken Sie sich nur 3-6-3. Die Banker sollen das Geld für 3% leihen, für 6% verleihen und um 3 Uhr zum Golfspielen gehen.“ Mit dem neuen Parteiprogramm ist auch das vorbei. Ende. Aus. Schluss. Golfspielen beginnt jetzt schon nach dem Frühstück.



Schmackige Kurzformeln von Lafontaine finden sich immer wieder im Programm. Und sie sind im linksvertrackten Sprachbild auch leicht identifizierbar. So zum Beispiel auf Seite 29:
„Nur die Reichen können sich einen armen Staat leisten.“
Das ist Saarland pur. Und das klingt, als hätte der gute Alte von der Saar ein ursprünglich dröges Papier nach Fertigstellung noch ein bisschen aufgepeppt. Und erhat ja recht getan. Es tut der Sache gut. Es liest sich halt flotter.

Leider haben aber auch andere was eingeschmuggelt. So hat die emanzipatorische Linke dem traditionellen Familienmodell „Vater, Mutter, Kinder“ unter dem Deckmantel des Feminismus den Kampf angesagt. Das ist natürlich gestrig, 68er und ignoriert dann eben auch eine Entwicklung, die auch den Linken aufgefallen sein sollte: Die Familie als traditionelles Lebensmodell erlebt eine Renaissance gerade in linken bildungsnahen Schichten.

Das hatte schon der Rücktritts-Bundespräsident Köhler in seiner Antrittsrede am 1. JUli 2004 festgestellt: "Ich habe das Gefühl, in unserer Gesellschaft entwickelt sich eine Renaissance der Familie." Diese Entwicklung müsse gefördert werden. "Ohne Kinder hat Deutschland keine Zukunft." Es müsse "als Land der Ideen vor allem ein Land für Kinder werden". Und das ist ja als Feststellung zunächst politisch linienfrei.

Dennoch heißt es im linken Parteiprogramm weiter: „...denn diese (Ehegattensplitting) fördert die traditionelle männlich dominierte Alleinverdienerehe und hemmt die Erwerbstätigkeit von Frauen. Andere Familienformen werden dadurch benachteiligt.“

Das ist schon allein deshalb albern, weil man Seiten zuvor ja bereits festgestellt hat, das Erwerbsarbeit heute großteils nicht „Gute Arbeit“ ist.

Die „Familie“ wird also zum Gesellschaftsmodell unter ferner liefen. Über die Alternativen steht nichts weiter. Und auch nichts über eine Aufwertung der Familien als politisches Bollwerk. Das ist dumm, denn hier hätte man punkten können. Aber zu tief sitzt die – immer noch positiv verortete Erfahrung „DDR“, in der Kinder ihren Familien entfremdet wurden und eine der höchsten Scheidungsraten Europas zu verzeichnen war. Ein Kinderglaube. Tief verankert.

So wie man also am Dogma „Internationale – Internationalismus“ festhält, macht dann auch die Familie als die kleinste Einheit der Nation keinen Sinn mehr. Halbherzig bemüht man dann noch das Kolorit der Regionalität, aber es klingt ein bisschen wie Plattdütschförderung in Niedersachen und dem sorbischen Sachsen durch die Europäische Gemeinschaft: Einfach nur niedlich.

Und es beißt sich dann ebenfalls mit solchen Forderungen: „Die Politik der Entstaatlichung, Liberalisierung und bedingungslosen Wettbewerbsorientierung ist rückgängig zu machen. Die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse wie Wohnen, Bildung und Gesundheit muss für jeden Menschen unabhängig von seinem Geldbeutel gewährleistet werden.“



Von der „Entstaatlichung“ zur "Verstaatlichung" – das bedeutet dann aber auch - maximal konsequent gedacht - die Auflösung der Familienstrukturen. Denn klar, Familie ist immer antistaatlich. Einflussresistent.

Da wird dann der Dauerkonflikt der Linken sichtbar: Heute weiß man, das Separatismus, Regionalität und traditionelle Familien antikapitalistisch sind. Mehr noch: Tradition an sich ist antikapitalistisch. Ein Novum in der Sozialgeschichte. Würde man das verstehen wäre man allerdings bei einem nationalen Sozialismus angekommen. Basierend auf Familie, Region, Nation. Womöglich obendrauf noch basierend auf einem Verständnis von „Volk“. Die Büchse der Pandora. Da beißt sich der antifaschistisch domestizierte Hund in den Wolfsschwanz.

Die Internationale ist heute das internationale Kapital. Eine Verbundenheit zwischen den „ausgebeuteten“ Arbeitern der Welt ist so gering wie nie. Nein, "Occupy Wall Street" ist keine Arbeiterbewegung.

Die Verbundenheit zwischen Banken und Banken, zwischen Banken und Regierungen, zwischen Banken und Weltorganisationen so stark wie nie.

Die einzig logische Antwort, nämlich die, dass man diesem kapitalistischen Internationalismus nur mit einer gestärkten Nationalstaatlichkeit begegnen kann, wird gedacht, aber nicht formuliert.

Stattdessen hält man an einer Stärkung des europäischen Gedankens fest, die jedem neoliberalen Parteiprogramm Ehre machen würde. So macht man ein vereintes, genormtes Europa zum Einfallstor für internationalen Kapitalverkehr, Finanztransaktionen und multinationale Konzerne. Ein Europa der im Verbund wehrhaften Nationalstaaten wird ersetzt durch ein Europa der Hilflosigkeit.

Einzig deshalb, weil man das Gespenst des Nationalismus fürchtet, wie der Teufel das Weihwasser. Das ist das Erbe des 20. Jahrhunderts. Die rote Rübe. Der linke Kinderglaube. Und als Feind erkennt man nicht die Herrenriegen in den Hochetagen, sondern man macht den traditionellen Familienverbund weiter zur Keimzelle des Bösen. Wer heute mehrsprachig und transsexuell ist, hat sich befreit. Wer fünf Kindern zeugt, Mundart redet, den Vater zur Arbeit schickt und Mutter zuhause die Kinder erziehen lässt – dem ist eigentlich kaum noch zu helfen.

Samstag, 19. November 2011

FRISCHES AUS ERFURT – Teil II

Was taugt DAS PARTEIPROGRAMM der Partei DIE LINKE wirklich?



Nach Teil I:

https://wallasch.twoday.net/stories/frisches-aus-erfurt/

jetzt:

TEIL II - Die Sache mit der solidarischen Wirtschaftsordnung und Vatis Klappsofa.

Nach zwanzig Seiten ist die Zeit der Einführung und des Geschichtsunterrichtes vorbei. Jedenfalls macht Programmpunkt III Hoffnung, dass man nun im Heute angekommen ist: „III. Demokratischer Sozialismus im 21. Jahrhundert“.

Aber das „Heute" beginnt dann doch mit einer uralt Prophezeiung aus dem DDR-Geschichtsunterricht: „Der Kapitalismus ist nicht das Ende der Geschichte, sondern eine Etappe der Menschheitsentwicklung, in der sich zwar viele Hoffnungen der Aufklärung erfüllten und eine enorme Steigerung der menschlichen … usw. usf..

Der hagere DKP-Student aus West-Berlin formulierte das selbe Blabla 1979 so:

„Karl Marx und Friedrich Engels suchten mittels der Methode der materialistischen Dialektik, in Verein mit einem als Historischen Materialismus genannten Forschungsprogramm auf Basis einer Kritik der bürgerlichen politischen Ökonomie sowie der historisch gegebenen Faktenlage die „Bewegungsgesetze“ der gesellschaftlichen Entwicklung zu entdecken und die Selbsterzeugung des gesellschaftlich produzierenden Menschen in Auseinandersetzung mit der materiellen Natur theoretisch zu erfassen.“ (wikipedia.de).

Und auch klar, das hat was von Nostradamus oder vom hundertjährigen Arbeiter- und Bauernkalender.

Wollen wir also der Wahrheit genüge tun: Die Sache sieht heute real bei Real ganz anders aus:
Sechs eingeschweißte Aufbackbrötchen kosten dort 35 Cent, eine Flasche Sprudelwasser 19 Cent und eine Vollmilch-Nuss Schokolade 36 Cent.

Wer sich jetzt noch an Thilo Sarrazins ersten Streich vor seiner genetischen Apokalypse erinnern kann, der erinnert sich, dass der viel gehasste Ex-Vorstand der Deutschen B.-Bank damals auf Selbsterfahrung beruhende Tipps gab, wie ALG-II Empfänger sich für weniger als vier Euro pro Tag ernähren könnten. Also 60 Brötchen und noch ein paar Flaschen Wasser zum Nachspülen obendrauf.

Die „massenhafte Verelendung im kapitalistischen Ausbeutersystem“ (das steht da wirklich im Parteiprogramm!) findet also wider erwarten noch nicht statt, ebenso wenig wie zu Baader-Meinhofs Zeiten mit einem Generalstreik zu rechnen war, nur weil die BILD die Blut-Schlagzeilen des Kapitals druckte.



Aber, und das muss man den Genossen der Partei zugute halten: Sie haben ja recht. Das Elend wird heute lediglich auf Pump an die nächsten Generationen vererbt. Die Backbrötchen sind allesamt nur vorgebacken! Der neue Trick der westlichen Wohlstandsgesellschaften besteht nämlich darin, Billionen von Schulden bei Banken anzuhäufen, deren Zinsen und Rückzahlungen – siehe Griechenland – Regierungen in wenigen Jahrzehnten zu Marionetten der Geldverleiher machen werden. Eine steuerfreie Investition in die Zukunft des Kapitals.

Also: Die Mär, dass es uns doch gut ginge, weil die Kühlschränke noch voll wären, ist eine Farce.

Aber:
Wir können mit dem Tacheles ja noch weiter gehen in dem wir jetzt mal richtig anstößig populistisch werden:

Die Anwerbungsbemühungen ausländischer Arbeitskräfte, beginnend mit den 1960er Jahren, die traditionelle Familienverbände zerstörende emanzipatorische Politik, EU-Politik inkl. Euro-Einführung und Verfassungsänderung 1992, die schrittweise Umwandlung der europäischen Volksgemeinschaften (ja doch, das Wort war bis in die späten 1980er Jahre völlig OK und nicht pfui) in Staatsbürgergemeinschaften – all das zahlte auf ein Ziel ein: Das kollektive politische Gedächtnis der Menschen zu zerstören. Denn das war dem Kapital zu allen Zeiten im Wege.

Die Aktionen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatten Erfolg: Ein gesellschaftspolitisches Erinnerungsvermögen reicht heute – sagen wir mal – ungefähr sieben Jahre zurück. Und selbst in dem Zeitraum sind Transferleistungen zu einer Seltenheit geworden.

Was früher Generationen übergreifend im Familienverbund diskutiert, weiterentwickelt und als wachsendes Ideengebäude „vererbt" wurde ist heute auf der Klappcouch von IKEA verelendet. Der passende Text im IKEA Katalog dazu geht ungefähr so: 'Wenn Lisa-Maria am Wochenende bei Papa übernachtet, freut sie sich auf die SOLESTA Klappcouch, die ihr Vater Bernd für 79 Euro eingekauft hat'. 79 Euro, die er sich sogar noch nach Abzug des Dauerauftrages für Ex-Frau und die Kinder leisten kann.

Aber zurück zum Programm der Partei DIE LINKE und „III. Demokratischer Sozialismus im 21. Jahrhundert.“ Wir sind auf Seite 21 bei der Eigentumsfrage angekommen. Konkret der Veränderung von Eigentumsverhältnissen. Dabei geht es nicht um die täglichen 60 Brötchen des ALG-II Empfängers und auch nicht um Vatis SOLESTA Klappcouch. DIE LINKE schlägt eine Demokratie in der Wirtschaft vor.



Wirtschaftsdemokratie. Kein neuer Begriff, aber ein neuer Begriff in der deutschen Politiklandschaft. Man eiert also ein bisschen um das Wort „Enteignung“ herum. Bis man auf Seite 22 doch noch konkret wird. Die Wahrheit kann eben auch Ängste nehmen. Ob das allerdings in den Hochetagen der Unternehmen so angstfrei ankommt, kann bezweifelt werden. Der Textabschnitt:

„In einer solidarischen Wirtschaftsordnung, wie DIE LINKE sie anstrebt, haben verschiedene Eigentumsformen Platz: staatliche und kommunale, gesellschaftliche, private und genossenschaftliche Formen des Eigentums.“

Das klingt natürlich nicht wirklich nach Chancengleichheit für Ackermann und Goldman. Aber es wird noch besser. Nächster Satz:

„Es geht um eine global und geschlechtergerecht fair geteilte Erledigung all dessen, was Menschen brauchen und wünschen. (…) Jede Arbeit soll Wertschätzung erfahren.“

Das ist klassenlos Klasse. Die Arbeiterklasse hat das große Los gezogen. Anschließend werden die einzelnen Formen des kompatiblen Eigentums über mehrere Seiten erklärt: „Öffentliches und Belegschaftseigentum“, „Solidarökonomie“, „Kleine und mittlere Unternehmer.“

Letzteren wird, das darf hier auf keinen Fall unterschlagen werden, ein „hohes innovatives und kreatives Potenzial“ zuerkannt. Es besteht also überhaupt kein Grund für diese – 2011 ohne FDP führerlose – Gruppe, linke Politik nicht zu versuchen.

Die Sache hat, man hätte es ahnen können, allerdings einen kleinen Haken, denn DIE LINKE „beteiligt sich daran mit Rat und Tat.“ Das ist geil. Das ist harter Tobak: DIE LINKE steht kleineren und mittleren Unternehmern im Bereich Innovation und Kreativität mit Rat und Tat zur Seite. Wie das funktionieren soll und wie es auf Seite 25 mit Programmpunkt IV „Linke Reformprojekte – Schritte gesellschaftlicher Umgestaltung“ weitergeht ...

… alles in Teil III :

https://wallasch.twoday.net/stories/frisches-aus-erfurt-teil-iii/

FRISCHES AUS ERFURT

Was taugt DAS PARTEIPROGRAMM der Partei DIE LINKE wirklich?



TEIL I

Das neue Programm der Partei DIE LINKE liegt aktuell zum Mitgliederentscheid vor. 52 Seiten in DinA4. Vorangestellt: „Fragen eines lesenden Arbeiters“ von Bertolt Brecht.

Es folgt „Präambel – dafür steht die LINKE“.
Dort ist mir ein erstaunlicher Satz aufgefallen, der mir eine Frage beantwortet hat: „Grenzenloser Reichtum für die oberen Zehntausend, Entwürdigung für immer mehr Arme und sinkender Wohlstand für die große Mehrheit sind nicht Ergebnis der Internationalisierung von Produktion und Handel, sondern des globalen Kapitalismus.“

Mein Frage war, ob der traditionelle Internationalismus der Linken nicht gescheitert ist, da er nur dem Wirtschafts-Internationalismus des Kapitals in obszöner Weise Vorschub geleistet hat.

Aber was genau nochmal ist der Unterschied zwischen "Internationalisierung von Produktion und Handel" und "globalem Kapitalismus"? Egal.

Weiter heißt es in der Präambel: „Die herrschende Politik hat sich den Interessen der Konzernchefs und Vermögensbesitzer untergeordnet. Diese Agenda ist gegen die Interessen der Mehrheit der Menschen gerichtet.“
Also ehrlich: Wer würde da ernsthaft widersprechen?

Schön finde ich die Aufforderung „Wir wollen dazu beitragen, dass aus passivem Unmut aktive Gegenwehr wird.“
Hätte man das in einem niedergebrannten Haus in Zwickau gefunden, wäre das totsicher als Aufforderung zur Gewalt verstanden worden. Hier ist es folgerichtig, nachvollzieh- und annehmbar.
Auch wenn es natürlich zunächst ein Allgemeinplatz bleibt, aber es folgen ja noch 47 Seiten (Wir sind auf Seite 5).

Die erste Seite der Präambel endet mit dem Satz: „Wir wollen eine Gesellschaft des demokratischen Sozialismus aufbauen, in der die wechselseitige Anerkennung der Freiheit und Gleichheit jeder und jedes Einzelnen zur Bedingung der solidarischen Entwicklung aller wird. (...)“
Logisch, der Alltagstest gibt hier absolut recht: Denn wer beispielsweise gerade eine neue Versicherung abschließen wollte und sich dann in dieser oder jener Risikogruppe mit diesem oder jenem Beitragssatz wiederfindet, stimmt zu: ja, die staatlich garantierte Solidargemeinschaft des „deutschen Volkes“, oder weniger verfänglich der „deutschen Staatsbürger“, ist abgeschafft oder mindestens in großer Gefahr.



Weiter geht's: Es folgt die Info, das mit dem Programm drei Grundideen verknüpft sind:

1.Individuelle Freiheit für jeden durch soziale gleiche Teilhabe.
2.Unterordnung der Wirtschaft unter die solidarische Entwicklung.
3.Demokratische Überwindung der Vorherrschaft des Kapitals.

Kann man ebenfalls zustimmen. Mehr noch, man stellt sich die Frage: könnte das nicht gefahrlos auch bei CDU, SPD usw. stehen? Das gilt im übrigen auch für fast alle Punkte, die unter der Überschrift wofür „die LINKE kämpft“ zusammengefasst sind: „Demokratische Wirtschaftsordnung, Recht auf Arbeit, soziale Sicherheit, gesetzliche Rente, Bildung, gerechtes Steuersystem, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, gegen Diskriminierung, Frieden, Abrüstung usw.

Als erstes erstaunliches Fazit drängt sich jetzt der Gedanke auf, das es scheinbar heute im gesamten Parteienspektrum Einigkeit über die angestrebten Ziele zu geben scheint. Das ist doch bemerkens- und erwähnenswert! Es scheint immerhin so, das alle das selbe Ziel haben, nur eben mit anderen Mitteln. Ein erstaunlicher Konsens. Denn das war bei weitem nicht immer so. Also weiter schauen, wie sich die Mittel und Wege unterscheiden. Das müsste ja auf den nun noch verbleibenden 44 Seiten näher erklärt sein.

Wunderbar finde ich den beinahe schon poetisch überschriebenen 1. Programmpunkt, den man vorab für nötig hält:

„Woher wir kommen, wer wir sind.“

Und hier der pralle Einleitungssatz:
„Wir bündeln politische Erfahrungen aus der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik.“
In der Reihenfolge! Aber ok: genauer betrachtet kann man das durchaus so tun. Erfahrungen müssen ja nicht zwangsläufig nur positive sein. Und so gesehen wären der Adenauer Republik mit der Verarbeitung von ein paar mehr Erfahrung aus dem III. Reich die 68er erspart geblieben, die heute und seit Joschka Fischer von immer mehr Deutschen als das wahre Übel der Gegenwartssituation und -politik erkannt wurden und werden.

Im Weiteren ein historischer Abriss in dem klar wird,die Überschrift behandelt nicht allein die Frage, woher DIE LINKE kommt und wer sie ist. Hier geht es jetzt um uns alle. Uns Deutsche.

Beginnend mit der Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert, endend es mit der Feststellung „Das Projekt „Rot-Grün“ enttäuschte ab 1999, da es soziale und ökologische Ziele den Interessen des Kapitals unterordnete.“

Gut! Bogen gekriegt. Das Kapitel bekommt allein deshalb ein dickes Sternchen.



II. Krisen des Kapitalismus – Krisen der Zivilisation.
Einleitungssatz: „Der Kapitalismus von heute ist räumlich und zeitlich entgrenzt, er hat sich die ganze Welt untertan gemacht.“ Oder über das Kapital und die multinationalen Konzerne: „Sie üben maßgeblich Einfluss aus auf die Welthandelsorganisation WTO, auf die Weltbank und den internationalen Weltwährungsfonds.“
Ja – das ist im Übrigen seit der Finanzkrise Volksglaube oder Volkswissen. Je nach dem, ob man auf der 99% oder auf der anderen Seite steht.
Das ist deutlich massenkompatibel. Und – fast schon eine Litanei auf den ersten Seiten dieses Programms: Es geht quasi widerspruchsfrei quer durch alle politischen Lager (Beleg z.B.: Münteferings „Heuschreckendebatte“, Merkels „Wir brauchen Regeln, damit der Staat nie wieder von den Banken erpresst werden kann“).

Bemerkenswert auch dieser Satz: „Auch die Existenz des „sozialistischen Lagers“ war eine Herausforderung (gemeint ist hier: für den Westen/BRD), auf die mit sozialstaatlichen Zugeständnissen reagiert wurde. (…) Mit dem Wegfall der Systemkonkurrenz hat sich das Kräfteverhältnis zwischen Arbeit und Kapital zu Ungunsten der abhängig Beschäftigten verändert.“

Das ist schon deshalb erstaunlich und gut, weil es ja scheinbar eine Konkurrenz der politischen Systeme befürwortet!



Dann folgen ein paar Seiten emanzipatorische Übungen, die man vernachlässigen kann. Schon deshalb, weil sie von der falsche Voraussetzung ausgeht, das erst die Industrialisierung die "Frauenbenachteiligung" erschaffen hätte. Ist aber nicht so wichtig, da sich solche Programmpunkte in allen Parteiprogrammen finden, als gäbe es dafür irgendwo eine passende Gender-Mainstreaming-Schablone.

Der dann folgende Abriss über die neoliberale Wende trägt die Handschrift Sahra Wagenknechts. Das kann wohl sonst kaum eine/r. Und ja doch: Es tut der Sache gut. Erinnert es doch auf angenehme Weise an die so überzeugenden Talk-Show Auftritte der spröd-charmanten Jenaerin.

Da kann man nur hoffen, das sie ihre Linie an der Seite vom schlauen Oskar noch weiter ausbauen kann. Was man hier von ihr liest, sind überzeugend vorgetragene Wahrheiten. Und schaut man in diesem Moment des Lesens mal die aktuellen Umfragewerte der Partei, fällt auf, dass die Partei DIE LINKE allein für diese Inhalte mit Leichtigkeit ein vielfaches an Zustimmung bekämen. Und hier wird dann auch die Hauptaufgabe der Partei DIE LINKE deutlich: Will sie weiter erstarken und ihren politischen Einfluss noch erhöhen. muss sie zunächst die Diskrepanz zwischen inhaltlicher und wahrgenommener Politik überwinden.

Oder noch linksfreundlicher ausgedrückt: Zwischen tatsächlichen Inhalten und der Darstellung dieser Inhalte in der Konzern- und kapitaleigenen Presse. Denn das da Interessen unweigerlich kollidieren ist keine Weisheit, sondern eine Urerkenntnis der 68er, die als Reaktion auf diese Diskrepanz Springers Lieferfahrzeuge in Flammen aufgehen ließen.

TEIL II hier:

https://wallasch.twoday.net/stories/frisches-aus-erfurt-teil-ii/

Freitag, 18. November 2011

WIR SIND NAZI

GERMAN SCHAM - EIN NEUES GEILES GEFÜHL.



Siegmar Gabriel (SPD) will sich von Merkel (CDU) nicht die gute deutsche Butter vom Brot nehmen lassen und entschuldigt sich schamvoll bei PKK und Mafia.

Nach Kanzlerin Merkel steht nun schon der nächste Schämer auf der Matte. Diesmal Sigmar G. am 17.11. vor einem türkischen Friseurladen (2004 explodierte dort eine Nagelbombe) in der Köln-Mülheimer Keupstraße.

"Gabriel räumt ein, dass die Gräueltat damals fälschlicherweise auf das dortige Milieu, die Kurdenorganisation PKK oder die Mafia geschoben gewesen sei. Dies sei beleidigend. Man sollte sich schämen, "wie wir damit umgegangen sind", sagt Gabriel." (aus www.derwesten.de)

Wann er sich allerdings persönlich bei Abdullah Öcalan und der Corleone-Familie für die Beleidigung entschuldigt, sei noch unklar.

Mittwoch, 16. November 2011

FREMDSCHAM ODER VOLKSSCHAM?

"Das ist eine Schande, das ist beschämend für Deutschland" sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel. Und sie meint damit die Mordtaten der Thüringer Nazis.

Die auch in Deutschland mit hohen Auflagen vertriebene türkische Zeitung Hürriyet titelt am Folgetag: Deutschland schämt sich!“ Denn die Schlagzeile: „Deutschland sollte sich schämen!“ hatte Merkel ja erfolgreich diplomatisch verhindert.



Jetzt frage ich mich aber, was der Anlass sein sollte, mich zu schämen. Ich schäme mich nicht für Nazis, nicht für organisierte Kinderficker, nicht für mordende Drogenkartelle und nicht für sonstige kriminelle Vereinigungen. Ich finde es furchtbar. Ja. Kriminell. Aber das hat mit Scham überhaupt nichts zu tun!

Das sind in diesem Falle Schwerkriminelle aus den neuen Bundesländern, die mordend durch Deutschland ziehen. Wo bitte ist bei den Killern aus Thüringen eine einzige ernstzunehmende politische Botschaft analog irgendeiner Befreiungsbewegung oder der RAF abzulesen, die rechtfertigt, diesen Schwerbrechern irgendeine politische Motivation zu unterstellen?

Was kann daran politisch sein, türkischstämmige deutsche Imbissbesitzer, die in harter Arbeit für ihre Familien ein paar Mark verdienen, zu killen? Gar nichts! Der politische Hintergrund beispielsweise von RAF Anschlägen ist nicht weniger verwerflich, aber die Ziele sind schlüssig auf politische Überzeugungen ableitbar.

Was ich viel beunruhigender finde, ist:

1. Die sofortige Forderung unser Politiker, erneut NPD-Verbotsverfahren einzuleiten.

2. Die Falschbenennung von Schwerverbrechen als rechtsextremen Terrorismus – dafür haben die RAF-Leute lange und vergebens gekämpft, nämlich überhaupt als „Politische“ wahrgenommen zu werden: Die Täter hier bekommen eine solche Klassifizierung nun noch "unverdienterweise" hinterhergeschmissen.

3. Die Forderung nach einer verfassungswidrigen Verzahnung von Polizei und Verfassungsschutz.

4. Die sofortige Forderung nach restriktiveren Internetkontrollen

usw.

Eine rechte Schande ist doch, wie hier Regierende und andere Verantwortliche den Eindruck erwecken, sie würden auf Rechnung von Mördern politische Ziele durchsetzen wollen. Im selben Maße bedenklich ist die Rolle des Verfassungsschutzes. Ich habe mich mit Freunden, noch bevor der Verdacht überhaupt öffentlich wurde, gefragt, was der Verfassungsschutz denn in dem Zusammenhang mit seinen V-Leuten gemacht hat, das man von all dem nichts gemerkt haben will. Also doch nur Kriminelle? Oder Kriminelle die man vorsetzlich politisiert hat?

Und man fragt sich dann noch weiter, ob nicht vielleicht sogar die wenigen politisch-intelligenten Formen des rechten Wahnsinns nicht ebenfalls von Diensten souffliert wurden. Das ist schlimm. Und das viele heute so denken ebenfalls. Wo leben wir denn, das die Annahme, der Staatsapparat könnte in etwas so Furchtbares verwickelt sein, schon zum Denkbaren wird?

Zur Erinnerung: Die letzten Verbotsverfahren betreff NPD sind doch an der irritierend hohen Zahl der V-Leute überhaupt erst gescheitert.

Der lächerliche Versuch, nun nach hinten raus so zu tun, als wären diese V-Leute schon vor der Anwerbung sowieso Nazis gewesen, ist doch ebenfalls hanebüchen.

Ich bin überzeugt: Wer sich für diese Verbrechen schämt (noch dazu stellvertretend für ein ganzes Land) anstatt seine Kraft darauf zu konzentrieren, sie mit aller Härte zu verfolgen und als das zu verurteilen, was sie sind: Schwerkriminell, der gibt Anlass für Scham.



Das ist sogar eine unappetitliche Legitimation, weil es eine irre und kranke Tat zu etwas erklärt, das auf irgendeine Weise mit Deutschland, oder sogar mit einem deutschen Wesen deckungsgleich sein soll. Aber das ist natürlich kompletter Unsinn. Und dafür könnte man sich dann tatsächlich und mit Fug und Recht schämen.

Und sich ganz verschämt fragen, ob nicht gerade dieses reflexartige Verhalten unser Politiker und ihrer Claqueure, solche Taten auch denkbar gemacht haben. Sprich: die verstörende Annahme, solche Taten könnten eventuell explizit im deutschen Wesen verankert sein.

Was aus dem europäischen Gedanken geworden ist, wissen wir heute: Eine Geldmaschine für internationale Banken und ihre Eigner.

Was aus Deutschland werden soll, steht seit der Verfassungsänderung vom 25. Dezember 1992 im Artikel 23 der Deutschen Verfassung.

Was deutsche Politiker vom "Deutschen Volk" halten, wissen wir, seit politische Entscheider wie Ruprecht Polenz im Facebook aktiv sind und sich dort nicht so zurückhalten können wie auf der politischen Bühne gelernt, weil auch sie dem "Facebook-Sog-hin-ins-Private" erliegen.

Und das klingt dann in Etwa so: Volkszugehörigkeiten gelten nur noch übergangsweise zum Schutz der Kultur von eingewanderten Ethnien und sind ansonsten ersatzlos zu streichen. Wir sind jetzt Staatsbürger eines Deutschlands, das auf der harten hölzernen Bank vor dem EU-Kommissariat sitzt und auf seine EU-Einbürgerung wartet.

Und um wieder zurück zum Eingangsthema zu kommen: Nein, ich schäme mich nicht. Nicht als Deutscher oder dafür Deutscher zu sein, nicht für Kinderficker, nicht für Mörder, nicht für Kriminelle. Denn das würde eine explizite Zugehörigkeit voraussetzen. Oder eine familiäre Bindung. Und die besteht nicht.
Auch nicht wenn es ums Deutsche an sich geht: Rein rechtlich nicht mehr nach Art 21 und seit Sarrazin ist ja auch alles Genetische Pfui.

Ich teile mit diesen Mördern keine innere Haltung und selbstverständlich auch keine gesonderte Verantwortung. Ebenso wenig, wie ich sie mit irgendeinem Sniper oder Massenmörder in den USA oder sonstwo teile. Ich teile eine Verantwortung als Mensch. So wie jeder andere auch.

Sonntag, 13. November 2011

HERMAN VIELJANS KARMA

Mein Freund Herman V.: der Beziehungsmakler



Einer meiner ältesten Freunde, Herman Vieljans, lebt heute in Berlin. Seitdem gibt es immer mal wieder News aus der Hauptstadt. Vorher lebte er im Emsland, in Hamburg, in der Eifel, in L.A., New York, Miami, San Francisco, Oslo und sogar eine Weile auf der Palme in Dubai. Nein, nicht im Auftrag irgendeines international operierenden Unternehmens. Herman war, und ist es noch, im eigenen Auftrag unterwegs.

Eine große Illustrierte schrieb vor vielen Jahren mal, Herman sei Messdiener, Baghwan-Jünger und NY-Punk gewesen. Ja, Herman Vieljans hat was von der Welt gesehen. Reich geworden ist er auf seiner World-Tour allerdings nicht. Reich geworden sind Menschen, die Herman begegneten. Emotional reicher. Und ein paar sogar finanziell. Ich bin mir inzwischen sicher: verantwortlich dafür zeichnet Hermans Berufung. Er übt seit 3o Jahren eine Tätigkeit aus, die bis heute zu den meist unterschätzten und schlecht bezahltesten überhaupt gehört: Herman ist Beziehungsmakler.

Als Herman hauptberuflich Beziehungsmakler wurde, war das kein Lehrberuf. Die Voraussetzungen dafür kann man nicht erwerben. Sie müssen einem schon in die Wiege gelegt werden. Anzeichen dieses außergewöhnlichen Talents – vielleicht sogar das Talent unter den Talenten – sind Charisma, Mut, geballte Energie und ein Hunger auf Menschen, der mit normalen bürgerlichen Maßstäben nicht mehr messbar ist. Diese Maßlosigkeit ist Hermans Karma geworden. Hermann ist masslos.

Ich weiß nicht, was aus mir geworden wäre, wenn ich Hermann nicht kennen gelernt hätte. Genauso wenig, wie ich sagen kann, welche Bedeutung der umgefallene Sack Reis in China auf mein Leben hatte. Was ich aber ganz sicher sagen kann: Hermann ist einer der besten Talentscouts überhaupt. In den frühen 1980ern schrieb ich beispielsweise mal ein paar wirklich alberne Gedichte. Irgendwas Reimloses im Bukowski-Stil, wie es damals sicher Millionen Mal gekritzelt und Gott sei Dank nicht gelesen wurde.



Aber mein Freund Herman Vieljans las. Und seitdem hatte er beschlossen, mich öffentlich „begnadeter Dichter“ zu nennen. Maximale Vorschuss-Lorbeeren? Aber Vorschuss auf was? Ich glaube heute, es war Konditionierung. Waren Freunde dabei, war ich nicht „Alexander“ sondern „Der Dichter“. Das muss so ein Andy-Warhol-Gen gewesen sein. Ja, Herman war Warhol, nur eben ohne jede Logistik und ohne Factory.

Und wie der spleenige weißhaarige New Yorker hat Hermann überall Spuren hinterlassen. Ein Kumpel von ihm konnte Gitarre spielen. Logisch war er dann jahrelang auch sein „begnadeter Gitarrist“. Und logisch – das erzählte Hermann jedem laut. Am lautesten in Gegenwart jener Freunde, denen Musik schon zum lukrativen Gelderwerb geworden war. Und was soll ich sagen, dieser Kumpel wurde später Bassist der erfolgreichsten Rockband Europas.

Die Liste lässt sich weiterführen: Schauspieler, Regisseure, Fußballer – und klar, natürlich auch Modells und Schönheitsköniginnen. Denn, das muss man kaum erwähnen: Herman ist natürlich auch ein begnadeter Herzensbrecher. Frauen benahmen sich früher – und sicher heute noch – in seiner Gegenwart als wäre er der Juror für irgendeine Castingshow von Weltrang. Ich habe eine junge Hure bei der Arbeit vorsingen hören, einfach weil Hermann eben dieses Talent entdeckte, wo man normalerweise nach einem ganz anderen nicht lange suchen braucht. Und das zu einer Zeit, als Heidi Klum noch im Kindergarten und Dieter Bohlen noch keine einzige Millionen zusammen hatte.

Herman hat reihenweise die Herzen gebrochen. Nicht, weil er den hübschen Ladys auch nur irgendwelche Versprechungen gemacht hätte. Der Trick war: Alle die Herman zufällig irgendwo begegneten, haben sich anschließend unheimlich viel von sich selbst versprochen!



„Herman Vieljans hat mein Leben verändert.“ sagen heutzutage allerdings meist nur die, die gescheitert sind. Die, die ihren Traum verwirklicht haben, sehen das dann auf einmal nicht mehr so: Die zeigen ganz stolz auf ihre „Eigenleistung“. Ihr Mühen. Ihre Talente. Ihre „guten“ Anlagen. Ihr Karma. Klar, das ist natürlich Teil der Hermanschen Erfolgsimpfung: „Du kannst das. Du machst das. Du bist das. DU.“ Vielleicht sogar die wichtigste Manschette, das Korsett des Erfolgs.

Aber eben auch die größte Tragik. Denn damit hat Hermann sich unsichtbar gemacht. Klar, man erinnert sich, man lädt ihn ein, man freut sich. Aber auf den Gedanken, einen Scheck auszustellen, ist bei Hermann noch kaum einer gekommen. Herman hätte all die Jahrzehnte hindurch bitten müssen, um zu bekommen.

Sicher ist Hermans Talent eines der größten Talente von allen. Aber was ist dieses ultimative 'Initial zum Erfolg' wert? In Deutschland nichts. Bis heute. In Amerika gibt es ein paar, die damit viel Geld verdienen. Talententdecker, Manager. Aber die sind fast ohne Ausnahme auch perfekte Anwälte. Kein Talent, das nicht vor dem ersten Erfolg seitenlange Verträge unterschreibt und ordentlich Prozente auf einen noch nicht stattgefunden Erfolg abtritt.

Herman Vieljans hat nie Verträge gemacht. Das wäre weit unter seinem Niveau gewesen. Manchmal glaube ich sogar, Hermann hat seinem Talent am wenigsten vertraut. Sonst wäre er gerissener und selbstversorgender vorgegangen. Für sich selbst war er der schlechteste Talentscout, den man sich überhaupt vorstellen kann.

Sein Talent blieb von ihm selbst unentdeckt. Zumindest in so weit, das Hermann daraus hätte Kapital schlagen können. Hermans Karma. Oder hat er schon früh erkannt, das sein Talent, seine Überzeugungskraft und sein Blick in die Seele des Gegenüber nicht mehr funktioniert, wenn man sich geschäftsmäßig am Schreibtisch gegenüber sitzen würde?

Herman Vieljans Büro sind die besten Discotheken und Bars der Welt ebenso wie die kleinsten und miesesten Spelunken. Herman entdeckt Talente dort, wo sie zu Hause sind. Und dann knipst er die Scheinwerfer an.

Montag, 7. November 2011

LIDL HAT DAS BLUT DER ERDE



Eine Naivität

Griechischer Wein steht bei LIDL neben Lebkuchen und Spekulatius im Vorweihnachtsregal – da beisst sich was. Ich habe Retsina in einer Dekade kennengelernt, als es noch keinen Euro gab, man aber noch mit einem InterRail-Ticket für 365 DM durch ganz Europa fahren konnte. Mitten im Hochsommer. Die Schule war vorbei und wir fuhren „Braunschweig-Athen“ und noch ein paar Kilometer darüber hinaus.

Nach zähem Ringen mit dem Vater der 16-jährige Freundin, CDU-Bürgermeister von Weddel (2966 Einwohner) durfte die vollbusige Oberschülerin mitfahren. „Aber nicht trampen!“ Und was uns dann unter der hellenistischen Sonne zwischen trockenen Olivenbäumen so alles passierte, verdanke ich in Teilen auch diesem harzigen Weißwein, den wir damals nach Sonnenuntergang aus seltsam changierenden Alu-Henkelbechern tranken.

Seit Wochen stolpere ich also im LIDLer Kassenbereich über diese Retsina-Halbliterflaschen. Die Flaschen sind gar nicht schön. Von der Form her sehen sie sogar aus wie ausgetrunkene tschechische Bierflaschen. Gab es die beim LIDL früher schon? Ist das jetzt diese beunruhigende Sache mit der selektiven Wahrnehmung oder hat dass doch schon was mit der Euro-Krise zu tun? Was passiert hier? Eine pro-hellinistische Form des unternehmerischen Solidaritätszuschlags?



In Griechenland gibt es ihn auch: Den LIDL. 2010 hatten wir uns sogar in einen verguckt. Familienurlaub in Griechenland. Selbstversorgung beim „LIDL Sparta“. Und was für ein LIDL: Mit Amphitheater, wenn man großzügig ein paar hundert Meter Luftlinie mitdenkt!

IN der Fremde ein paar Quadratmeter gefühlte Heimat. Und wer sich in Braunschweig auskennt, weiß, das gilt sogar doppelt. Denn die Stadt Heinrichs des Löwen hat seit 2000 auch ein Amphitheater auf dem Milleniumgelände des Müllbergbesitzers Werner Lindemann. Griechenland pur auf deutschem Giftmüllberg. Gut – „Edeka Bangkok“ wäre vielleicht noch toller. Aber da ist gerade Hochwasser.

Ok, ich gebe es zu: Ich quassle hier auch nur rum. Ich habe überhaupt keine Ahnung, was es mit diesem ganzen Griechenland-Finanzkrise-Euro-Banken-Problem auf sich hat. Und es ist eine schale Beruhigung, dass Politiker, die Ahnung haben sollten, auf dem selben Level operieren und das sogar offen zugeben! Ja doch, es ist völlig neu, dass die, die regieren, auch noch dreist zugeben überhaupt nichts zu verstehen. Klar, unsereiner hat das jahrzehntelang immer behauptet: „Alles Deppen in Bonn (später Berlin)!“ Aber jetzt, wo es umstandslos zugegeben wird, zieht einem doch kalt die Angst ins Gerippe. Nein, das hat keiner gewollt, dass sie WIRKLICH nichts verstehen!



Nur die Zeitungsschreiber geben sich noch die Schlaumeierklinke in die Hand. Und was dann hinten bei rauskommt, wird von Politikern ebenso gelesen wie vom gemeinen Bürger. Die gleiche Informationsquelle und -untiefe. Und die basiert auf einem Gedankenausschuss, abgesondert von Menschen, die Tag für Tag leere Seiten füllen müssen. Nachdenkzeit tendiert dabei gegen Null. Unsere privaten, ebenso wie die politischen Krisenrezepte basieren also auf Fastfood-Gedanken. Ein kollektives Gefühl, wie in der hinteren Bank im Abi-Leistungskurs Mathematik.

Was also tun, wenn keiner weiß was zu tun ist und sich niemand traut zu sagen, was zu tun wäre?

Und da kommt jetzt dieses glückliche LIDL Sparta und der Braunschweiger LIDL am Bienroder Weg ins Spiel. Das Erfolgsunternehmen LIDL will in Deutschland UND Griechenland Gewinne machen!

Und das ist doch exakt, was wir uns auch wünschen, dass eben in beiden Ländern Gewinne gemacht werden. Gewinne für alle! Und wenn nun also – davon kann man doch jetzt ausgehen – LIDL als Krisenlösung vorschlägt, in Deutschland zu Weihnachten griechischen Retsina zu trinken – ja verdammt noch einmal: Dann trinken wir Weihnachten eben Retsina und träumen dann vielleicht sogar nach sechs oder sieben Flaschen von diesem süßen 16-Jährigen Weddler Bikini-Mädchen aus dem 1980er Griechenland-Urlaub! Στην υγειά σου!

Samstag, 5. November 2011

UND DARUM GEHT ES (Mal auf den Punkt)

aus ZEIT "Die Straße der Tyrannen", 3.November 2011

von Kerstin Kohlenberg, Mark Schieritz und Wolfgang Uchatius


(a number of Wall Street CEO’s in front of us-Congress defending)


Text-Auszug:

"Brüssel, 27.Oktober 2011, vier Uhr früh. Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy tritt vor die Journalisten. Nach zehnstündigen Verhandlungen beschreibt er den Inhalt des neuen, 1,4 Billionen Dollar schweren Rettungspakets für Griechenland. Ein französischer Journalist unterbricht ihn. Dollar? Es geht doch um die Euro-Krise. Natürlich Dollar, antwortet Sarkozy irritiert. Schließlich werde diese Pressekonferenz weltweit wahrgenommen. Er, Sarkozy, kommuniziere hier mit jenen, die für gewöhnlich in Dollar rechnen. Den internationalen Finanzmärkten.

Den neuen Herrschern der Welt."

(Ende Textauszug)

Donnerstag, 3. November 2011

VOLK KRASS!



https://www.gmx.net/themen/finanzen/euro-krise/028ddgm-zahlungen-an-athen-gestoppt

Richtig lustig die Idee von Papandreou. Da schlucken die restlichen Euro-Zonen-Regierungschefs ganz heftig, reiben sich die roten Augen und stellen fest: Mensch, shit – das Volk ist ja auch noch da!

Und hier kann man dann auch NICHT den Wissensvorsprung als Elite-Abstimmungs-Legitimation vorschieben, oder, wie berechtigterweise bei der Todestrafe-Diskussion, einen ethisch-moralischen Vorsprung.

Hier sind alle gleich dumm und uninformiert. Die oben wie die unten.

Nur die unten sind keiner Lobby verpflichtet.

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